Die spezifischen Gaben und Charismen von Frauen einbringen

Auf ein überwältigendes Echo stieß die diesjährige deutsch-tschechische Konferenz der Sdružení Ackermann-Gemeinde (SAG), die mit Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) stattfand, zum Thema „Frauen in der heutigen Gesellschaft im deutsch-tschechischen Kontext“ Mitte Februar. Diese wurde online auf mehreren Kanälen übertragen. Weit über 120 Interessenten in Deutschland und Tschechien nahmen daran teil. Die Mitwirkenden waren zum Teil live in Prag, zum Teil über das Internet zugeschaltet. Bei Referate und Diskussionen sind weiter online verfügbar.

Ausgangspunkt für das Tagungsthema war die heilige Ludmilla, deren Todestag sich 2021 zum 1100. Mal jährt. Ziel der Tagung war es, die Position von Frauen in der Gesellschaft aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten – historisch, soziologisch, politisch und theologisch.

So standen auch – als Input zum Auftakt – Statements von deutschen und tschechischen Frauen und Männern zu unterschiedlichen Aspekten: Gleichberechtigung, Präsenz in der Öffentlichkeit, Rolle als Hausfrau, Frauenquoten, bessere Bezahlung für klassische Frauenberufe, Frauen in der Kirche. Dazu äußerten sich per Videoeinspielung Lenka Longuemart, Helena Faberová, Matthias Wallusch, Tomislav Delinić, Daniel Herman und Šárka Jelínková.

Nach diesen einführenden Aussagen begrüßte Dr. Petr Křížek, der stellvertretende SAG-Vorsitzende und Moderator des ersten Tagungsteils, die Zuschauerinnen und Zuschauer und drückte seine Freude darüber aus, „die Konferenz auf diese Weise starten zu können“. Sein Dank galt neben dem SAG-Team den Kooperationspartnern, der Konrad-Adenauer-Stiftung in Prag, dem Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde, Renovabis und dem deutsch-tschechischer Zukunftsfonds.

Aus Budweis/České Budějovice zugeschaltet war der SAG-Vorsitzende Daniel Herman, der angesichts der Corona-Pandemie in seinem Grußwort auch auf eine erschwerte Situation für Frauen hinwies, der viele Frauen aber mit Mut und Einsatz begegnen würden. Auch blickte er in die Vergangenheit, wo bei Krieg, Vertreibung oder im Sozialismus „die Rolle der Frau nicht einfach“ gewesen sei. Als christlicher Verband schaue die SAG auch auf die Stellung der Frau in der Gesellschaft und in der Kirche, fasste Herman zusammen.

Ergänzend stellte SAG-Geschäftsführerin Amálie Kostřížová – live in Prag – fest, dass die Pandemie keine Präsenz-Konferenz erlaubt hätte und man daher auf das Web-Format umgestiegen sei. „Eine Online-Plattform kann die deutsch-tschechische Begegnung nicht ersetzen“, relativierte sie, verbunden mit der Vorfreude auf künftige persönliche Treffen.

Auch der Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde Martin Kastler, der zugeschaltet war, freute sich in seinem Grußwort über die Nutzung der Technik „auf der Höhe der Zeit“. Zum Tagungsthema meinte er: „Ich denke, dass wir zwischen Deutschland und Tschechien nicht so weit auseinander sind, wenn es um die politische Bedeutung der Frauen geht.“ Er wies auf hochrangige Damen in der EU aus Tschechien und Deutschland ebenso hin wie auf erfolgreiche Frauen in Justiz, Wirtschaft und Politik in beiden Ländern. „Es hat sich viel getan. Die Berufstätigkeit vieler Frauen in Tschechien hat dazu beigetragen, dass es viel normaler ist und man sich nicht Gedanken macht, ob ein Mann oder eine Frau eine Position inne hat.“

Die seit über 20 Jahren traditionelle Tagung diene auch dazu, darüber zu diskutieren, „wie unsere Gesellschaft in Zukunft aussieht“, meinte Tomislav Delinić, Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tschechien, in seinem Video-Grußwort. Er nannte die Änderungen in der Berufswelt, die Situation junger Familien, die Kombination von Beruf und Familie und die durch Corona bedingten Herausforderungen für all diese Bereiche. „Darüber müssen wir reden“, forderte Delinić und nannte den Aspekt „Häusliche Gewalt“, über die wieder verstärkt diskutiert werden müsse. Insgesamt betonte der KAS-Direktor, die Rechte und Freiheiten von Frauen zu verteidigen.

Live im Saal war Lenka Longuemart, Projektleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung. Sie betonte in ihrem Grußwort, dass alle Frauen in der Gesellschaft ihre Stellung anders wahrnehmen, diese Tagung solle daher vor allem „inspirationsreich“ sein. „Das Thema ‚Frauen‘ begleitet mich schon viele Jahre. Frauen sind höchst unterschiedlich“, meinte die Geschäftsführerin des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds Petra Ernstberger in ihrem zugeschalteten Grußwort. Für sie sind die Aspekte Alter, Erziehung und Sozialisation, unter anderem durch Familie, Verbände und staatliche Einrichtungen, wichtig, zumal beispielsweise die Berufstätigkeit von Frauen etwa in der Tschechoslowakei und in der Bundesrepublik Deutschland sich unterschiedlich entwickelt hat. „Frauen in Tschechien und Deutschland erhalten noch immer nicht in allen Berufen den gleichen Lohn wie Männer, Frauen sind nicht so häufig in Spitzenpositionen vertreten“, erklärte Ernstberger und konkretisierte das an den Bereichen Wirtschaft, Universität und Politik. Dafür stellte sie nicht ohne Stolz fest, dass in ihrer Einrichtung nicht nur der Anteil von Deutschen und Tschechen, sondern auch das Verhältnis von Frauen und Männern paritätisch sei.

Nach diesen Grußworten stellte Moderator Křížek die erste Referentin, Lisi Maier, kurz vor. Sie studierte von 2005 bis 2010 an der LMU München Politikwissenschaften, Soziologie und Wirtschaftswissenschaften, war als Realschullehrerin tätig und ist seit 2012 Bundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BdkJ), darüber hinaus seit 2016 im Vorstand des Deutschen Frauenrates. Ihre Verbandsbasis hat sie bei Kolping, im Rahmen ihrer Tätigkeit gehört sie auch dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an.

„Die Entwicklung der Position von Frauen in der europäischen Zivilisation“ lautete Maiers Vortrag, zu dem sie von zuhause zugeschaltet war. Mit ihren Worten: ein „historisch-kultureller Überblick über die Emanzipation der Frauen und die Unterschiede in Europa in den letzten 250 Jahren“. Zwei Themen kämen dabei immer wieder ans Tageslicht, so die Referentin: die Selbstbestimmung von Frauen und die Repräsentanz in Politik und Gesellschaft. Drei Wellen – zweite Hälfte im 19. Jahrhundert, 1960er Jahre, 1990er Jahre – sowie die aktuellen Tendenzen beleuchtete sie in ihren Ausführungen.

In den Ländern Europas sei die Situation sehr unterschiedlich gewesen. So könne etwa Frankreich zwar als „Mutterland des Feminismus“ bezeichnet werden mit ersten Aktionen bereits während der Französischen Revolution. „Die großen Vordenker wollten aber von der Gleichheit der Geschlechter nichts wissen“, erklärte Maier. In der Folge seien erste – auch katholische – Frauenvereine und -verbände entstanden, die als Basis der heutigen Bahnhofsmission gelten. Geblieben seien die politischen Forderungen nach Bildung für Frauen und juristischer Gleichstellung. 1868 fiel in Frankreich das Versammlungsverbot für Frauen, die tatsächlichen Frauenrechte mit aktiven und passiven Wahlrecht kamen aber erst nach 1945. In Großbritannien wurde dieses Ziel bereits 1928 erreicht, auch wenn es hier in den Jahren und Jahrzehnten zuvor sehr heiße Kämpfe gab.

„Ein langer und weiter Weg“ sei es im Deutschen Reich gewesen, so die Referentin. Im 19. Jahrhundert war den Frauen jede politische Betätigung verboten. Trotzdem habe es immer wieder „Frauenpersonen gegeben, die sich nicht von Professoren oder Paragrafen abschrecken ließen“, so Maier Texte aus der damaligen Epoche zitierend. Immer mehr schlossen sich die einzelnen Frauenbewegungen zusammen – mit dem Erfolg, dass 1918 das allgemeine Wahlrecht für Frauen und Männer eingeführt wurde und bei der Wahl zur Nationalversammlung 1919 zehn Prozent Frauen in den Reichstag einzogen – damals der höchste Frauenanteil weltweit in einem Parlament.

Die Entwicklung der tschechischen Frauenbewegung sah Maier parallel zur Tendenz in Europa, „aber eher gemäßigt“ und in Böhmen aufgrund der Impulse aus Prag etwas früher als in Mähren. Politische Rechte für Frauen gab es hier etwa ab 1890, in diese Zeit fällt auch die Gründung des ersten Prager Frauenvereins. 1904 entstand dann ein tschechischer feministischer Frauenverein. Man bemühte sich um Zusammenschlüsse, schließlich wurde ein Ausschuss für das Frauenwahlrecht gegründet. 1912 wurde die erste Frau in den böhmischen Landtag gewählt, was aber die habsburgische Regierung nicht anerkannte. 1920 wurde letztlich das gleiche und allgemeine Wahlrecht für Frauen und Männer im nun neuen Staat Tschechoslowakei erreicht.

„Die Frau ist eine vollberechtigte Staatsbürgerin“. Diese Aussage Maria Juchacz’, die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt war und am 19. Februar 1919 als erste Frau eine Rede in der Weimarer Nationalversammlung hielt, steht quasi als Schlusspunkt des Kampfes um Frauenrechte, vor allem das Wahlrecht. „Doch viele Fragen wurden in den Debatten nicht vollendet, und die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs brachte wieder Rückschritte in den Frauenbewegungen“, fasste Maier die erste Welle zusammen. Und – nebenbei bemerkt – in Liechtenstein gab es das Frauenwahlrecht erst 1984.

Kürzer behandelte die Referentin die zweite und dritte Welle. Die zweite Welle im Kontext des gesellschaftlichen Umbruchs Ende der 1960er Jahre brachte radikalere Protestformen mit sich. Hauptthemen waren die Sexualität und selbstbestimmtes Leben. „Es waren keine wirklich europaweiten Bewegungen, und die Voraussetzungen in Ost und West waren sehr unterschiedlich“, gab Maier zu bedenken. Vor allem die Rolle der Frau im Sozialismus, die zwar berufstätig sein konnte, aber auch die Arbeiten im Haus und in der Familie stemmen musste. Die dritte Welle ab Beginn des 21. Jahrhunderts sei vor allem mit der Gender-Thematik zu umschreiben.

Grundsätzlich stellte Maier fest, dass auch heute – selbst in der Europäischen Union – viele Frauen unter physischer Gewalt und sexualisierten Übergriffen leiden. Nicht ganz befriedigend sei, dass die Istanbul-Konvention, ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, von 46 Mitgliedsstaaten des Europarats unterzeichnet, aber erst von 34 ratifiziert wurde. „Gewalt gegen Frauen und Mädchen gehört immer noch zu den meisten Vergehen weltweit“, klärte die Referentin auf und schloss ihren Vortrag mit der Bemerkung, dass aus rechtlicher und sozialer Sicht eine vollständige Gleichstellung von Mann und Frau noch nicht erreicht sei. „Es ist europaweit noch viel zu tun – über Parteien und gesellschaftliche Bereiche hinweg!“

Die ganz spezifische Thematik „Die Entwicklung der Position von Frauen im Umfeld der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert“ vermittelte die Kanzlerin des Erzbistums Prag Dr. Marie Kolářová live aus dem Tagungshotel in Prag. Anhand des Vergleichs der Codices Iuris Canonici (Codex des Canonischen Rechts) von 1917 und 1983 erläuterte sie vorrangig die juristischen Änderungen hinsichtlich der Stellung der Frau, vor allem im Bezug zwischen Laien und Geistlichen. „Die Praxis ist aber eine andere Frage“, relativierte die Kanzlerin. Formell seien bis 1983 die Laien vor allem „als Objekt der Seelsorge“ gesehen worden – ohne ein Recht im Codex, nur mit dem Recht auf Seelsorge. Der neue Codex von 1983 habe dann die im Zweiten Vatikanischen Konzil festgelegten Aspekte – unter anderem die gegenseitige Ergänzung der Dienste – festgeschrieben und damit auch den Frauen eine größere Bedeutung zugemessen. Kolářová nannte einige Gesichtspunkte aus dem Codex von 1917, wie „die Frau als mögliche Verführerin“ und „die Zweitrangigkeit nach dem Mann“, und daraus resultierende theologische, pastorale und liturgische Konsequenzen, wie zum Beispiel ein Beichtstuhl für Frauen und keine vollständige Mitgliedschaft in einer Bruderschaft. Papst Johannes XXIII. und besonders Papst Paul VI. hätten in Enzykliken in den Jahren 1963 bis 1965 von diesen Inhalten Abstand genommen und schließlich zum Ende des Zweiten Vatikanums die „Berufung der Frau“ als Botschaft genannt. Die Referentin verwies ferner auf Bücher und Schreiben von Papst Johannes Paul II. aus den Jahren 1981 und 1988, in denen er Themen wie „Ausübung öffentlicher Ämter“ und „Gleichstellung von Mann und Frau“ mit einem Appell zu akzeptablen Arbeitsbedingungen ansprach. Auch nannte Kolářová Äußerungen Papst Benedikts XVI. zu diesen Fragen sowie Stellungnahmen Papst Franziskus’, der unter anderem die Rolle der Frauen nach Jesu Auferstehung und Maria Magdalena als „Apostelin der Apostel“ betont und gewürdigt hat. Nicht zu vergessen sei sein Schreiben vom März 2016 „Amoris laetitia“. Als jüngste Entwicklung nannte die Vortragende die zum 10. Januar 2021 erfolgte Beauftragung von Frauen zum Lektoren- und Akolythendienst auf Lebenszeit.

Diesem juristischen Fakt stellte Kolářová die Realität gegenüber. Während die Erteilung von Religionsunterricht durch Frauen mit Beauftragung eines kirchlichen Vorgesetzten an allen Schularten möglich und Praxis sei, sehe es an Universitäten weniger gut aus – vor allem bei der Leitung katholischer Universitäten durch Frauen. Zur aktuellen Lektoren- und Akolytenfrage meinte sie: „Frauen durften lesen, aber nicht dauerhaft mit der Liturgie beauftragt werden.“ Damit verbunden sei die Befürchtung, dass Frauen Weihen verlangen könnten. Zudem sei der Lektoren- und Akolytendienst – abhängig vom Kulturkreis und von der Bistumsleitung - auch bisher schon von Frauen ausgeübt worden. Anhand ihrer eigenen Position erläuterte die Referentin weitere im Codex von 1983 verankerte Neuerungen wie eben bestimmte berufliche Tätigkeiten von Frauen in der Kirche bis hin zu Leitungsposten in der kirchlichen Verwaltung. Dies sah sie zwar als Fortschritt, aber – so Kolářová – „in der Praxis sieht es anders aus. Es herrscht immer noch die Sorge der Männer, ob sie es zulassen können, dass eine Frau diese Funktion ausübt“. Es hänge auch stark von der Zahl der Priester ab. Die Frauenfrage nur auf die Weihefrage zu reduzieren, sei falsch. Mit dieser These beendete die Kanzlerin ihren Vortrag.

Den zweiten Konferenztag eröffnete der Geistliche Beirat der SAG Monsignore Adolf Pintíř mit seinem Grußwort. Er erinnerte an die am 2. Februar erfolgte Weihe von Schwester Francesca Šimuniová, die bisher in der Niederlassung der Gemeinschaft auf dem Weißen Berg in Prag lebte, zur Äbtissin der Benediktinerinnenabtei Venio in München. Ebenso schilderte der Geistliche Szenen des im Buch Samuel im Alten Testament beschriebenen Ehepaars Nabal und Abigail – besonders das Handeln der Ehefrau. Pintíř regte dazu an, Mut zu fassen und zu fragen, „ob uns die Geschichte zu einer Aktualisierung aufruft“ – zum Beispiel bezüglich der Verteilung des Corona-Impfstoffes.

Im Mittelpunkt des zweiten Tages stand die von der Redakteurin beim Tschechischen Fernsehen Hana Scharffová moderierte Podiumsdiskussion zum Thema „Frauen in der Kirche und Gesellschaft“. Daran nahmen live in Prag Jaroslava Valová, Gründerin und Inhaberin der Firma „Siko Koupelny & Kuchyně“, Prof. Dr. Jaroslav Brož von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Karlsuniversität Prag und externer Geistlicher am erzbischöflichen Seminar in Prag sowie die Theologin, Psychologin und Buchautorin Kateřina Lachmanová teil. Zugeschaltet aus Aachen war Prof. Dr. Barbara Krause. Sie ist Historikerin und Politikwissenschaftlerin sowie Mitglied im Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde.

Erst mit 44 Jahren, als die Kinder schon 14 bis 20 Jahre alt waren, hat Valová in ihrem Unternehmen begonnen, das heute 52 Filialen in Tschechien und der Slowakei aufweist. Angesichts des Firmenerfolgs habe sie auch gesellschaftliche Verantwortung verspürt und als praktizierende Katholikin die Renovierung von Kirchen unterstützt. „Der Glaube hilft für das Leben und unternehmerische Aktivitäten“, stellte Valová fest. Einen Unterschied sieht sie zwischen einem Familienunternehmen, in dem man hart und fleißig arbeiten müsse, und großen Konzernen, wo die Karriere eine wichtige Rolle spielt. „Viel wichtiger ist es, dass die Frau ein gutes Vorbild etwa bei Aspekten wie Disziplin oder diversen Fähigkeiten für die Mitarbeiter ist.“ Für sie ist es natürlich, dass eine Frau an der Firmenspitze steht, „manchmal musste ich mich behaupten und Respekt verdienen“, ergänzte sie. Im Prinzip sei es eine individuelle Entscheidung jeder Frau. „Jede ist anders – und so soll es sein!“ Zu den viel diskutierten Fragen bezüglich der Rolle der Frauen in der Kirche positionierte sie sich auch: „Wir müssen viele Dinge in der Kirche ändern – aber es muss nicht das Frauenpriestertum sein! Als Christin und Unternehmerin frage ich: Wieso können die Priester nicht heiraten?“

Von einer historisch überkommenen männlichen Dominanz, die sich über Jahrhunderte in den Kulturen entwickelt und verankert habe, sprach Prof. Dr. Barbara Krause zu Beginn ihres Statements. Dies betreffe auch die Kirche, in der männliche Machtdominanz stark ausgeprägt sei. „Fakten über weibliche Aspekte werden ausgeblendet. Es gibt nicht die Frauen, sondern viele unterschiedliche Frauen“, griff sie eine Aussage ihrer Vorrednerin auf. Vor dem Hintergrund ihrer Jahrzehnte langen Kontakten zu tschechischen Frauen machte Krause deutlich, dass sie immer auch in Tschechien Frauen mit klarer Sichtweise erlebt habe oder erlebe, „anknüpfend an die Erfahrungen der harten Unterdrückungszeit. Die Frauen hatten damals eine ganz zentrale Rolle.“ Sie rief auch die Zeit in Deutschland nach dem Zweiten Vatikanum in Erinnerung. „Im breiten Kirchenvolk wurde die Debatte sehr viel schärfer geführt, bestimmte Themen wurden schon in den Jahren 1971 bis 19757 bei der Würzburger Synode diskutiert.“ Sie verweis zudem auf die Tradition von Diakoninnen in der West- und Ostkirche – warum sollte es diese also nicht wieder geben, zumal auch Frauen Berufungserlebnisse haben? Grundsätzlich gehe es auch darum, die Gaben eines jeden Einzelnen in die Dienste für die Menschen umzusetzen.

Die Unterschiede in den Kirchen West- und Osteuropas hinsichtlich der Stellung der Frau beleuchtete Kateřina Lachmanová. In der orthodoxen Kirche gelte die Frau immer noch als Verführerin, weshalb es hier keine kirchlichen Dienste für Frauen gibt. In anderen Kirchen, wie z.B. der anglikanischen, altkatholischen und evangelisch-lutherischen, haben Frauen häufig führende Positionen bis hin zu Bischofsämter inne. „Frauen haben andere Charismen“, betonte die Buchautorin. Diese Gaben gelte es in Kirche und Gesellschaft einzubringen. Auch verwies Lachmanová auf Papst Johannes Paul II., der 1988 von der „Sendung, Aufgabe der Frau in der Kirche“ gesprochen habe – insbesondere von der Rolle der Frau als „Behüterin des Lebens“. Aus der Geschichte seien viele sozial aktive Frauen bekannt. Heute sei es aber angebracht, nicht nur auf diesen Bereich zu blicken. „Viele Frauen können auch Manager sein. Und Frauen können in verschiedenen Feldern der Kirche etwas Neues und Positives einbringen“, fasste Lachmanová zusammen. Klar sprach sie sich gegen eine Demokratisierung der Kirche aus. „Es handelt sich nicht um eine Macht des Volkes oder von Menschen, sondern Jesus Christus leitet die Kirche.“

Auf die Aussage im Buch Genesis – Gott schuf den Menschen als Mann und Frau – nahm. Prof. Dr. Jaroslav Brož Bezug. „Der Mensch hat eine bestimmte Herkunft und ist Mann oder Frau. Damit ist es natürlich vorgegeben, was er ist, und so wird Begegnung möglich“, konkretisierte der Dozent. Der Mensch könne also bestimmte Rollen spielen und Aufgaben übernehmen. Als roten Faden in der Bibel machte Brož die Beziehung von Mann und Frau in der Ehe und Familie aus. Für ihn geht es weniger um die Weihe für ein bestimmtes Amt, sondern um die Frage, welche Dienste die Kirche braucht und wie diese in die kirchliche Struktur integriert werden können. Brož verwies auf die Äußerung von Papst Franziskus, wonach die Frage der Weihe in der Kirche geklärt sei. Weit wichtiger ist für den Professor die Frage der Möglichkeit der Weihe bewährter Männer. „Das könnte die Situation in vielen Ländern lösen.“

Den kulturellen Abschluss der Tagung bildete eine alternative szenische Diskussion quer durch die Jahrhunderte unter dem Titel „Die Frau im Laufe der Zeit“. Mitglieder der Spirála, des Jugendverbandes der SAG, und der Jungen Aktion der Ackermann-Gemeinde schlüpften dabei in verschiedene Rollen: die Heilige Zdislava, König Johann von Luxemburg, Fanny Neuda, Marie von Ebner-Eschenbach und Milada Horáková. Im Gespräch kamen sie in dann auf viele weitere berühmte Frauen aus unterschiedlichen Epochen und mit verschiedenen Tätigkeiten und Wirkungsfeldern: von Kleopatra, der Jüdin Esther, die Fürstinnen Libussa und Ludmilla und die Heilige Elisabeth über Hildegard von Bingen, Arcangela (Elena) Tarabotti und Kaiserin Maria-Theresia bis hin zur Schriftstellerin Olympe de Gouges, zur Komponistin Ethel Smyth, Bertha von Suttner und Olga Fierz. Zur Sprache kamen schließlich auch Aspekte aus der jüngsten Geschichte wie die Priesterweihen für Frauen in der unterdrückten tschechoslowakischen Kirche während des Kommunismus – und die Nichtanerkennung seitens des Vatikan. „Es gäbe viele Aufgaben, die Frauen in einer Glaubensgemeinschaft wahrnehmen können. Dieses Thema wird die Gesellschaft noch lange in der Gegenwart und Zukunft beschäftigen“, lautete die Botschaft am Schluss der Darbietung, die federführend Kristýna Kopřivová inszeniert hat.

Mit Dankesworten des SAG-Vorsitzenden Daniel Herman und dem Wunsch auf eine Konferenz 2022, „bei der wir uns wieder die Hände schütteln können“, endete die deutsch-tschechische Tagung.

 

Markus Bauer

Dr. Petr Křížek, Lenka Longuemart, Amálie Kostřížová, KAS, SAG
Dr. Petr Křížek, stellvertretender SAG-Vorsitzender und Moderator, bei der Begrüßung. In der Mitte Lenka Longuemart, Projektleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung, links SAG-Geschäftsführerin Amálie Kostřížová.
Amálie Kostřížov Sdružení Ackermann-Gemeinde Geschäftsführerin
SAG-Geschäftsführerin Amálie Kostřížová, dahinter Lenka Longuemart, Projektleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Bundesvorsitzender Martin Kastler
Der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Martin Kastler bei seinem Grußwort.
Tomislav Delinić, KAS Prag, Konrad-Adenauer-Stiftung
Tomislav Delinić, Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tschechien, bei seinem Grußwort.
Lenka Longuemart, KAS Prag
Lenka Longuemart, Projektleiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung, bei ihrem Grußwort.
Petra Ernstberger, Deutsch-tschechischer Zukunftsfonds
Die Geschäftsführerin des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds Petra Ernstberger bei ihrem Grußwort.
Dr. Petr Křížek
Dr. Petr Křížek, stellvertretender SAG-Vorsitzender und Moderator.
Lisi Maier BDKJ
Lisi Maier, Bundesvorsitzende des BDKJ, bei ihrem Vortrag.
Dr. Marie Kolářová
Die Rede von Dr. Marie Kolářová wurde live aus einem Hotel in Prag gestreamt.
Marie Kolářová Kanzlerin Erzbistum Prag
Die Kanzlerin des Erzbistums Prag JUDr. Ing. Marie Kolářová, Th.D. bei ihrem Referat.
Monsignore Adolf Pintíř
Der Geistliche Beirat der SAG Monsignore Adolf Pintíř bei seinem Grußwort.
Prof. Dr. Jaroslav Brož, Kateřina Lachmanová, Jaroslava Valová, Hana Scharffová
Die in Prag live diskutierenden Podiumsteilnehmer am zweiten Tag. Von links Prof. Dr. Jaroslav Brož, Kateřina Lachmanová, Jaroslava Valová und Moderatorin Hana Scharffová.
Hana Scharffová  ČT
Moderatorin Hana Scharffová vom Tschechischen Fernsehn ČT.
Jaroslava Valová SIKO
Jaroslava Valová bei ihrem Statement.
Barbara Krause
Prof. Dr. Barbara Krause war aus Aachen zugeschaltet.
Barbara Krause
Zugeschaltet aus Deutschland war Prof. Dr. Barbara Krause.
Kateřina Lachmanová
Kateřina Lachmanová bei ihrem Beitrag.
Hana Scharffová ČT
Hana Scharffová leitte die Diskussion am Samstagnachmittag.
Jaroslav Brož
Prof. Dr. Jaroslav Brož bei seinen Ausführungen.
Spirála SAG
Die sechs historischen Persönlichkeiten während der szenischen Diskussion.
Spirála SAG, Junge Aktion der Ackermann-Gemeinde
Blick auf die szenische Lesung mit Mitglieder der Spirála und der Jungen Aktion
Monika Traubová
Die Moderatorin der szenischen Diskussion Monika Traubová.
Spirála SAG, Junge Aktion der Ackermann-Gemeinde
Blick auf die szenische Lesung, die aufgenommen und live gestreamt wurde.
Spirála SAG
Die sechs historischen Persönlichkeiten nach dem Stück.
Vorsitzender Daniel Herman SAG
Der SAG-Vorsitzende Daniel Herman bei seinen Schluss- und Dankesworten.