„Viel Geschwisterlichkeit, aber auch viel Zerbrechlichkeit“

Zum Pfingstfest gehört seit Jahren in den Gottesdiensten die Kollekte zugunsten des Hilfswerks „Renovabis“. Heuer sind durch Corona die Rahmenbedingungen völlig anders. Darüber informierte am Dienstag vor Pfingsten beim themenzoom der Ackermann-Gemeinde der Renovabis-Hauptgeschäftsführer Pfarrer Dr. Christian Hartl und beantwortete auch die Fragen der rund 65 Zuhörerinnen und Zuhörer.

Die Vita mit den wichtigsten Stationen des priesterlichen Wirkens von Pfarrer Hartl stellte Moderator Rainer Karlitschek kurz in seiner Einleitung vor: Kaplan unter anderem in Murnau, Tätigkeiten als Bischofssekretär und Subregens bzw. Regens im Priesterseminar Augsburg sowie Lehrtätigkeit. Seit 2016 leitet er als Hauptgeschäftsführer das in Freising angesiedelte kirchliche Hilfswerk „Renovabis“.

„Solidarität mit dem Osten Europas und die Pfingstaktion in Corona-Zeit“ lautete Hartls Thema, der seine „Verbundenheit mit der Ackermann-Gemeinde“ betonte – speziell zu Rainer Karlitschek aus seiner Zeit als Kaplan in Murnau und zu Matthias Dörr, dem Geschäftsführer der Ackermann-Gemeinde, der in den Gremien von Renovabis mitarbeitet. Während seiner Tätigkeit als Spiritual am Interdiözesanen Priesterseminar St. Lambert in Lantershofen habe ihn der Bamberger Erzbischof Dr. Ludwig Schick auf die Tätigkeit bei Renovabis angesprochen, woraufhin er diese Anfrage positiv beschieden hat. „Ich bin dankbar für die Begegnungen, Einblicke und Erfahrungen“, bemerkte Hartl.

Die heurige Renovabis-Pfingstaktion steht unter dem Leitwort „Selig, die Frieden stiften. Ost und West in gemeinsamer Verantwortung“. Zunächst warf Hartl einen Blick auf die Partner und sprach angesichts von 29 Ländern von einer „großen Verschiedenheit“. Dies konkretisierte er an den unterschiedlichen Situationen und Rahmenbedingung etwa in Polen, Albanien, Litauen oder Armenien. Daher sei es wichtig, viele Kontakte zu knüpfen. „Das Wesentliche läuft über Beziehungen, es herrscht viel Geschwisterlichkeit, aber auch viel Zerbrechlichkeit“, stellte er fest. Zum Leitwort erläuterte Pfarrer Hartl, dass sich die kirchlichen Hilfswerke heuer auf das gemeinsame Zentralthema „Frieden leben“ geeinigt hätten – mit jeweils individuellen Unterthemen. Hier sei für Renovabis als Beispielland die Ukraine naheliegend gewesen, wo seit nunmehr sechs Jahren im Osten des Landes Krieg herrscht, der sich auf das gesamte Land auswirkt, da Soldaten aus dem ganzen Land eingezogen und getötet werden. Unter anderem mit Suppenküchen, psychologischer Begleitung der Caritas für Soldaten und mit Programmen für die Jugend unterstütze Renovabis bereits die Ukraine. „Die Friedensthematik hat in Corona-Zeiten eine große Bedeutung. Solidarität wird sich auf den Frieden auswirken“, fasste der Renovabis-Hauptgeschäftsführer zu diesem Punkt zusammen. Darüber hinaus verwies er auf schwierige Gegebenheiten bei sozialen Fragen und den Gesundheitssystemen in einigen der Partnerländer. Und zur Corona-Krise meinte er: „Ich hätte nicht gedacht, dass es sich so lange hinzieht.“ Daher mussten viele Veranstaltungen, unter anderem auch der in Heidelberg geplante Auftakt, abgesagt werden. Es bleibt also nur am Pfingstsonntag der Abschlussgottesdienst mit Erzbischof Stephan Burger im Freiburger Münster, der per Livestream im Internet übertragen wird. Das Erzbistum Freiburg ist heuer gastgebendes Erzbistum der Renovabis-Pfingstaktion.

Dafür habe Renovabis das eingesparte Geld in neue Formate bzw. Aktionen investiert: in eine Sonderbeilage der Süddeutschen Zeitung am Donnerstag vor Pfingsten und in Spots zum Thema „Pfingsten“ bei Klassik Radio. Zudem werde täglich die Pfingstnovene live aus dem Freisinger Dom gestreamt.

Ob Renovabis in der ganzen Ukraine aktiv sein kann oder nur im Westen des Landes und wie es mit der Krim aussehe, wollte Prof. Dr. Bernhard Dick wissen. Pfarrer Hartl sprach von einer „komplexen Situation im Land“, die in verschiedenen Landesteilen natürlich unterschiedlich sei. „Im Herzen der Menschen ist der Krieg immer da, die Opfer kommen ja aus dem ganzen Land. Ein Trauerflor liegt über der gesamten Gesellschaft“, beschrieb der Hauptgeschäftsführer die Lage in der Ukraine. Renovabis unterstütze gleichermaßen den Aufbau der Kirchen und die Förderung der Zivilgesellschaft – „aber nie ohne oder gegen die Bischöfe.“ Über den neuen Bischof in Odessa, der auch für die Krim zuständig ist und der eng mit Renovabis verbunden ist, könnten künftig eventuell auch Projekte in der Krim angedacht werden.

Die aktuelle Rolle Tschechiens in der Renovabis-Arbeit – Empfängerland oder Partner – interessierte Herwig Steinitz. Hier nannte Hartl die drei Kategorien: Länder, die von Empfängern zu Partnern/Unterstützern geworden sind; Länder, die langfristig Unterstützung brauchen; Länder, bei denen ein Rückfall zu verzeichnen ist. Tschechien bzw. die tschechische Kirche befinde sich (wie Polen) in der ersten Kategorie, während die Ukraine wegen der Kriegshandlungen in die dritte Kategorie zurückgefallen sei.

„Welche Erwartungen haben die Partnerländer mit Blick auf die Corona-Krise aktuell an Deutschland“ fragte Matthias Dörr. Speziell in der Ukraine gingen viele Hilfeleistungen, so Hartl, an Obdachlose, da diese durch die Corona-Pandemie von vielen Möglichkeiten der Versorgung abgeschnitten werden. Förderungen erfahre aber auch die Ukrainische griechisch-katholische Kirche. Und „relativ viele Anträge“ kämen aus Rumänien, Weißrussland und Albanien – vor allem hinsichtlich Hygieneartikel und für Randgruppen.

Markus Bauer

Renovabis-Hauptgeschäftsführer Pfarrer Dr. Christian Hartl bei seinen Ausführungen.
Ein Teil der am Themen-Zoom zum Thema „Renovabis“ zugeschalteten Zuhörer bzw. Zuschauer.
Moderator Rainer Karlitschek, der Pfarrer Hartl bereits aus dessen Zeit als Kaplan in Murnau kennt.