Ackermann-Gemeinde würdigt in großer Dankbarkeit "Nečas-Geste"
Im Nachgang zum Besuch des Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, Dr. Petr Nečas, am 20. und 21. Februar 2013 in Bayern erklärt der Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde:
"Der Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde begrüßt mit Respekt und Dankbarkeit die Gesten und Worte des tschechischen Ministerpräsident Dr. Petr Nečas bei seinem Besuch in Bayern für den sudetendeutschen christlichen Widerstand.
Am 24. August 2005 hat die Regierung der Tschechischen Republik durch ihren Beschluss Nr. 1081 eine Geste formuliert, die anerkennt, dass es auch bei deutschen Landsleuten Opposition und Widerstand gegen das NS-Regime gegeben hat. Dies hat das Schwarz-Weiß-Denken durchbrochen und bedeutete ein Ende Jahrzehnte langer Diskriminierung. Die Ackermann-Gemeinde hat durch zahlreiche Äußerungen die sog. Paroubek-Geste begrüßt. Bestandteil der Regierungserklärung war auch die Zurverfügungstellung finanzieller Mittel für das Projekt „Dokumentation der Schicksale aktiver NS-Gegner, die nach dem Zweiten Weltkrieg von den in der Tschechoslowakei angewendeten Maßnahmen gegen die sog. feindliche Bevölkerung betroffen waren“. Ein konkretes und sichtbares Ergebnis war unter anderem die Ausstellung "Vergessene Helden" (vgl. www.zapomenutihrdinove.cz). Die Ackermann-Gemeinde hat die Wanderausstellung auch präsentiert, so beim Brünner Symposium „Dialog in der Mitte Europas“ 2008 und 2010 im Würzburger Rathaus. Den Schwerpunkt des Forschungsprojektes und der Ausstellung bildete der sudetendeutsche Widerstand von Sozialdemokraten und Kommunisten.
Wir freuen uns, dass Ministerpräsident Nečas mit seinem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau und seiner Rede im Landtag den Blick auf den christlichen Widerstand gelenkt hat. So war es der ausdrückliche Wunsch des tschechischen Premiers, auch den ehemaligen Priesterblock des KZ Dachau zu besuchen. Dort hat er gemeinsam mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Kränze niedergelegt und sich vor den Opfern verneigt. Unser Bundesvorsitzender Martin Kastler MdEP und der Vorsitzende des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde, Msgr. Dieter Olbrich, Visitator für die Seelsorge an den Sudetendeutschen, haben im Beisein der beiden ebenfalls eine Blumengebinde niedergelegt. Damit haben sie diese große Geste unterstrichen.
Im Bayerischen Landtag fand Ministerpräsident Nečas klare Worte zum christlichen sudetendeutschen Widerstand. Dabei knüpfte er bewusst mit seinen Äußerungen an die Geste von 2005 an: „Ein nicht weniger bedeutsamer Schritt war dann die Erklärung der tschechischen Regierung vom August 2005, die die frühere pauschalisierende Sicht auf unsere ehemaligen deutschen Landsleute verurteilte und sich für das Unrecht entschuldigte, das tschechoslowakische Organe deutschen NS-Widerstandskämpfern zufügten, die für ihre Haltung während des Kriegs unsere Anerkennung verdient hätten. Es ist dabei zu betonen, dass die deutschböhmischen NS-Gegner sowohl aus den Reihen des linken als auch des konservativen und christlichen Widerstands kamen.“ Seinen Besuch in der KZ-Gedenkstätte aufgreifend sagte er weiter: „Als wir der Opfer aus den böhmischen Ländern gedachten und unseren Respekt für die Überlebenden ausdrückten, dachten wir an solche Namen wie Josef Čapek, Kardinal Josef Beran oder Bischof Štěpán Trochta, aber auch an Max Mannheimer oder den Pfarrer von Glöckelberg (Zadní Zvonková) Engelmar Unzeitig, der von den Mithäftlingen als „Engel von Dachau“ bezeichnet wurde, an den Franziskaner aus dem Kloster in Mährisch Trübau (Moravská Třebová) Petrus Karl Mangold, den Prager Augustiner mit deutsch-böhmischen Wurzeln, Augustin Schubert, oder Pater Anton Gebert, der hier wegen seiner Äußerungen des Mitgefühls mit tschechischen Priestern, denen er im Pankratzer Gefängnis seelischen Trost spendete, seinen Tod fand. Zur Ehrung aller Priester aus Böhmen, ungeachtet, ob tschechischer oder deutscher Zunge, die für ihren Glauben und den Widerstand gegen die Totalität litten, legte ich gestern an den Baufundamenten des Dachauer Priesterblocks einen Kranz nieder. Leider kann ich hier nicht die lange Reihe aller tschechischen, jüdischen und deutschen Opfer aus den böhmischen Ländern aufzählen, die nach Dachau verschleppt wurden. Unser Gedenken gilt jedoch jedem von ihnen. Wir werden ihr Heldentum und ihre Bereitschaft nie vergessen, im Kampf gegen den rassistischen und nationalistischen Terror auch ihr eigenes Leben zu riskieren.“
Mit der Nečas-Geste wurde die Erklärung von 2005 aufgegriffen und neu mit Leben erfüllt. Die Ackermann-Gemeinde fühlt sich der Aufarbeitung und Würdigung des christlichen sudetendeutschen Widerstandes besonders verpflichtet. So haben wir im Mai 2007 einen breiten Aufruf gestartet und Aussagen und Dokumente von Zeitzeugen zum christlichen Widerstand gesammelt. Der Historiker Dr. Pustejovsky hat das Material bearbeitet und 2009 in seinem Buch „Christlicher Widerstand gegen die NS-Herrschaft in den Böhmischen Ländern“ veröffentlicht. Es folgten zahlreiche Vorträge und Diskussionen zu diesem Thema. Auch auf einem deutsch-tschechischen Symposium haben wir den christlichen Widerstand aufgegriffen. Im Januar erschien hierzu vom Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde die zweisprachige Publikation „Glaubenszeugen in totalitärer Zeit. Patrone Europas III.“ Große Erwartungen setzen wir in das Martyrologium der böhmischen Länder, welches in einem von der Tschechischen Christlichen Akademie in Prag verantworteten Projekt entsteht. Es erfasst dabei Blutzeugen des 20. Jahrhunderts in den böhmischen Ländern unabhängig ihrer Nationalität. So finden in das Martyrologium auch Priester und Laien deutscher Nationalität Eingang.
Durch die Nečas-Geste wird nun erstmals durch einen hohen Repräsentanten der Tschechischen Republik der christliche sudetendeutsche Widerstand ausdrücklich gewürdigt. In großer Dankbarkeit wollen wir sie aufgreifen. Wir sehen es als unsere Verpflichtung, uns weiter, gemeinsam mit tschechischen Partnern, einzubringen."
Verabschiedet vom Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde am 24. Februar 2013.