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Ein wichtiger Ort des Gedenkens. Sdružení Ackermann-Gemeinde mit Gedenkfeier in Lety

Der Ort Lety ist in Tschechien mit dem Völkermord an den Roma in der Zeit des Nationalsozialismus verbunden. Die tschechischen und deutschen Teilnehmer der Jahreskonferenz der Sdružení Ackermann-Gemeinde besuchten diese Gedenkstätte südlich von Prag, bei Pisek gelegen. Mit einer Zeremonie gedachten sie der Opfer dieses Ortes sowie weiterer Menschen, die auf Grund ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit verfolgt und ermordet wurden.

An der Stelle des späteren Konzentrationslagers bestand bereits ab 1938, noch vor der Entstehung des Protektorats Böhmen und Mähren, ein Lager für Arbeiter an der nahegelegenen Straße. Ab August 1942 firmierte Lety als eins von zwei "Zigeunerlagern" im Protektorat. Über 1100 Angehörige der Roma-Minderheit – Männer, Frauen und Kinder – wurden interniert und mussten Zwangsarbeit leisten. 324 von ihnen kamen durch die menschenunwürdigen und hygienisch miserablen Verhältnisse ums Leben. Weitere 540 Roma wurden von dort nach Auschwitz deportiert, wo sie ebenfalls ermordet wurden. Lety gilt daher als Teil des Genozids an den europäischen Roma, welcher von den Roma selbst als „Porajmos“ bezeichnet wird. Das Lager wurde im Jahre 1943 wegen einer starken Typhusepidemie geschlossen und komplett beseitigt, so dass über Jahrzehnte nichts daran erinnerte.

Im Jahr 1995 weihte der damalige Präsident Václav Havel dort an der Stelle eines Massengrabes das erste Denkmal ein. 2009 kam dieser Ort unter die Verwaltung der Gedenkstätte Lidice, die das Pietätsgelände erweitern ließ. Seither kann man zwei nachgebaute Baracken sowie ein Modell des damaligen Lagers besichtigen. Jährlich 10.000 bis 12.000 Menschen besuchen diesen Ort. In den Medien ist Lety aber nicht nur durch die zwei größeren Gedenkfeiern jedes Jahr. Seit 1974 grenzt an das Gelände des damaligen KZ eine große Schweinefarm. Auch wenn diese von der Gedenkstätte aus nicht zu sehen ist, beeinträchtigt der Geruch doch ein würdiges Erinnern. Mühsame Verhandlungen der Regierung mit den Betreibern über Beseitigung oder Umsiedlung des Betriebs führten bisher zu keinem Ergebnis.

Die Konferenzteilnehmer aus Tschechien und Deutschland führte der Gedenkstättenleiter von Lidice und Lety Dr. Milouš Červencl über das Gelände und erläuterte die traurige Geschichte dieses Ortes. Den Abschluss des Besuches bildete ein Gedenkenakt. Der Vorsitzende der Sdružení Ackermann-Gemeinde Daniel Herman legte als Kulturminister einen Kranz nieder. In seiner Ansprache schlug er einen großen Bogen von Lety zu den vielfältigen Verbrechen des 20. Jahrhunderts: „Wir ehren die Opfer des Hasses. Sie wurden verfolgt nach dem Prinzip der Kollektivschuld." Besonders erinnerte er an die Opfer von Lety, aber auch an die 6 Millionen Juden und Hunderttausende weitere Opfer der NS-Diktatur. Doch auch die Deutschen, die aus dem Prinzip der Kollektivschuld nach dem Zweiten Weltkrieg aus ihrer Heimat in Böhmen. Mähren und Schlesien vertrieben wurden, bezog er ausdrücklich ein. Diese Verbrechen seien Teil der Geschichte. "Es hat sich uns ein Raum der Freiheit eröffnet. Dieser bietet uns die große Chance, dass sich die Geschichte nicht mehr wiederholt", mahnt Herman. Der Geistliche Beirat der tschechischen Ackermann-Gemeinde P. Dr. Martin Leitgöb nannte in seinem Gebet Lety einen Ort mit dem Charakter einer Wunde. „Als Christen wollen wir einen Beitrag leisten, dass Wunden heilen. Wir gedenken mit Respekt, Demut und Solidarität aller Opfer dieses Ortes." Den Kranz der Sdružení Ackermann-Gemeinde legten Pater Leitgöb und der stellvertretende Vorsitzende der Sdružení Ackermann-Gemeinde Dr. Petr Křížek nieder. Auf diesem stand: „Den Opfern der Vorurteile und des Hasses".

 

Lukáš Dulíček

Daniel Herman, P. Martin Leitgöb und Dr. Petr Křížek beim Denkmal in Lety