Eine ökumenische Versöhnungsgeste
David Macek berichtet im AG-Themenzoom über die Installation des Versöhnungskreuzes am Weißen Berg
Knapp 70 PCs bzw. Telefone/Smartphones waren zum Dezember-Themenzoom der Ackermann-Gemeinde zugeschaltet. Der bestens vom Festival „Meeting Brno“ bekannte Macek, der 2019 die Versöhnungsmedaille der Ackermann-Gemeinde erhalten hat, berichtete über die (geplanten) Aktionen zum „Gedenken an 400 Jahre Schlacht am Weißen Berg“. Über die historischen Aspekte informierte das Bundesvorstandsmitglied Historiker Manfred Heerdegen.
Das Gedenken an die Schlacht am Weißen Berg war eigentlich mit mehreren Veranstaltungen geplant, doch fast alle mussten coronabedingt abgesagt werden. So war es für die Zuhörer doch sehr interessant zu erfahren, was im Nachbarland stattfinden konnte.
Den zeitlichen Rahmen im 16. und 17. Jahrhundert skizzierte kurz der Historiker Manfred Heerdegen. Ausgehend vom Augsburger Religionsfrieden 1555, bei dem festgelegt wurde, dass der jeweilige Landesherr die Konfession in seinem Gebiet bestimmt, verdeutlichte Heerdegen die Entwicklung in den böhmischen Ländern, deren „Bindung ans Reich lockerer geworden“ war. Vor allem die böhmischen Stände gewannen an Einfluss, so dass die Habsburger hier „nicht so durchregieren“ konnten. Zentrale Aspekte waren auch die Religions- bzw. Konfessionsfrage, da Böhmen zu etwa 80 Prozent protestantisch war, und die Herrscherwechsel von König und Kaiser Rudolf II. auf Matthias und dann zu Ferdinand II. zwischen 1612 und 1619. In diese Zeit fällt auch 1618 der Zweite Prager Fenstersturz als Ausgangspunkt des Dreißigjährigen Krieges sowie die kurze Regentschaft (1619/20) des Winterkönigs Friedrichs V. als König von Böhmen. Bei der Schlacht am Weißen Berg am 8. November 1620 unterlagen die Protestanten, die Regierung des Winterkönigs brach zusammen. Direkte Folgen waren die Rekatholisierung Böhmens, der Untergang des alten böhmischen Adels und die Trennung zwischen Deutschen und Tschechen. „Für die Tschechen begann die Zeit der nationalen Dunkelheit“, fasste Heerdegen zusammen, verwies aber auch auf die katholischen Elemente, wie es bis heute das Gnadenbild am Weißen Berg ausdrückt. Auch der im 19. Jahrhundert aufkommende Nationalismus nahm diese Ereignisse auf, als nach der Schlacht am Weißen Berg viele tschechische Elemente untergingen. Die Aussage „Ein echter Tscheche kann kein Katholik sein“ habe sich zudem seither manifestiert, so der Historiker.
Dass die Ökumene beim Gedenken an die Schlacht am Weißen Berg in Prag eine große Rolle spielte, wurde in Maceks Schilderungen sehr deutlich. Für ihn war das Brünner Versöhnungsjahr 2015 mit den damaligen Veranstaltungen sozusagen das Vorbild für die Aktivitäten zum diesjährigen Gedenken. So hat er etwa vor einem Jahr eine informelle Gruppe von Leuten unterschiedlicher Konfessionen zusammengestellt und als zentrale Veranstaltung eine gemeinsame Versöhnungswallfahrt vom Altstädter Ring zum Gnadenbild am Weißen Berg angeregt. Dabei sollten die wichtigsten Symbole der beteiligten Religionen (z.B. Jan Hus-Statue, neue Mariensäule) berücksichtigt werden. „Vor allem Jugendliche der verschiedenen Konfessionen sollten eingeladen werden, die Wallfahrt sollte die Krönung mit einer ökumenischen Andacht und Taizé-Gesängen werden“, betonte Macek die stark ökumenisch angedachten Planungen.
Die Wallfahrt konnte coronabedingt nicht durchgeführt werden. Möglich war aber am 30. Oktober die Installation des von dem Benediktinerpater Abraham Fischer (von der Abtei Königsmünster im westfälischen Meschede) geschaffenen Versöhnungskreuzes. Der Benediktiner ist Theologe und Meister in Metallgestaltung. Seit 2002 leitet er die Schmiede in der Abtei Königsmünster. Das Kreuz hat vier Querarme, die im Winkel von 90 Grad zueinanderstehen. Für das Kruzifix hat der Pater drei stählerne Balken je Himmelsrichtung übereinandergelegt, insgesamt also zwölf. Die beiden unteren sind jeweils aus Cortenstahl, der bereits Rost angesetzt hat. Die oberen Querbalken sind genauso wie die senkrecht stehende Metallsäule des Kreuzes in einem intensiven Blau gehalten. Je nach Lichteinfall leuchtet das Kreuz tiefblau – korrespondierend zum Himmel – oder milchig-weiß. Auf einem Sockel stehend ist das Versöhnungskreuz 4,50 Meter hoch. Wie ein Wegkreuz soll es in die vier Himmelsrichtungen weisen und an die Menschen erinnern, die hier im November 1620 gewaltsam gestorben sind oder aber andere getötet haben – für die Machtinteressen anderer und in der irrtümlichen Sicherheit, im und für den richtigen Glauben zu handeln. Zudem soll das Kreuz Symbol für Toleranz, Respekt, Transzendenz, Zukunft und Hoffnung sein – insgesamt für Versöhnung.
Besonders freute sich Macek, dass es keine negative Rückmeldungen zum Kreuz und zur ökumenischen Installation (gemeinsame Andacht bzw. Gebet von Juden, Katholiken und Hussiten) gegeben hat. „Die ökumenische Symbolik ist vergleichbar mit der deutsch-tschechischen Versöhnung. Und mit dem Kreuz ist ein Traum von Schwester Birgitta, einer deutschen Benediktinerin, die jetzt auf dem Weißen Berg lebt, in Erfüllung gegangen“, erläuterte Macek. Erfreulich für ihn war das große Medienecho. Hoffnung hegt Macek, dass im nächsten Jahr, dann zum 400-jährigen Gedenken an das Blutgericht am 21. Juni 1621 (Hinrichtung von 21 protestantischen Adligen), eine Wallfahrt in umgekehrter Richtung stattfinden kann.
Von wichtigen „religiösen Versöhnungsgesten in Corona-Zeiten“ sprach abschließend Moderator Rainer Karlitschek. Er bedankte sich inständig bei Macek für die kurzfristige Übernahme dieses Themen-Zooms.
Markus Bauer