Europa vollenden!

Am 27.11.1949 trafen sich in Eichstätt auf Initiative der Ackermann-Gemeinde sudetendeutsche Persönlichkeiten verschiedener Weltanschaung und formulierten die Eichstätter Deklaration. Anlässlich des 60. Jahrestages, zu dem die Ackermann-Gemeinde zu einem Festakt am 28.11.2009 in den Spiegelsaal der Residenz einlädt, erklärt der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Adolf Ullmann:

Europa vollenden!

Vor 60 Jahren haben auf Initiative der Ackermann-Gemeinde sudetendeutsche Politiker, Publizisten und Wissenschaftler übereinstimmend eine Reihe von Grundsätzen formuliert, die zunächst für die sudetendeutsche Volksgruppe, dann auch für die anderen deutschen Vertriebenengruppierungen richtungweisend wurden. So gilt die Eichstätter Deklaration als Vorläuferin der Charta der Heimatvertriebenen vom August 1950. Dankbar stellt die Ackermann-Gemeinde heute fest, dass der von Eichstätt ausgegangene Impuls reiche Früchte getragen hat:

Die wirtschaftliche, soziale und politische Integration von Millionen deutschen Flüchtlingen und Vertriebenen in die Bundesrepublik Deutschland ist gelungen.

Sie und ihre Nachkommen waren und sind tragende Säulen beim Aufbau und bei der Weiterentwicklung der deutschen Gesellschaft in der von Demokratie und sozialer Marktwirtschaft geprägten staatlichen Ordnung.

Die Ablehnung von Rache und Vergeltung als Reaktion auf erlittenes Unrecht, die Absage an Kollektivbeschuldigungen gegen unsere östlichen Nachbarvölker und die ehrliche Auseinandersetzung mit dem Unrecht und Leid, das den Völkern Europas im deutschen Namen angetan wurde, haben den Boden für einen Neuanfang bereitet und in sechs Jahrzehnten ein tragfähiges Verhältnis zu unseren östlichen Nachbarn entstehen lassen, ja ein Klima wachsenden Vertrauens und aktiven Zusammenwirkens auf vielen Arbeitsfeldern reifen lassen, das durch gelegentliche Irritationen zwar gestört, aber nicht mehr zerstört werden kann.


Die in der Eichstätter Deklaration von 1949 ausgesprochene europäische Zielperspektive hat sich als richtige und weitsichtige Orientierung erwiesen. Die Erneuerung des europäischen Einigungswillens ist auch in der Gegenwart der Weg, den kommenden Generationen eine Zukunft in Frieden und Freiheit zu sichern. Heute ist schon vieles erreicht: Die Zerreißung Deutschlands und Europas ist überwunden, die Europäische Union ist selbstverständlicher Lebensraum für 520 Millionen Menschen und Ziel mehrerer Beitrittskandidaten. Die Lissabonner Vereinbarungen dürfen aber nicht das Ende der europäischen Entwicklung sein! Die Ackermann-Gemeinde unterstützt alle Kräfte, die eine Vertiefung des Einigungsprozesses und die Überwindung nationalstaatlicher Egoismen betreiben:

Die Beachtung der Menschen- und Bürgerrechte muss uneingeschränkt und überall gesichert werden. Wieder aufgebrochene, längst überwunden geglaubte ethnische, ja nationalistische Konflikte sind durch die Implementierung eines Rechtszustandes zu lösen, der Individuen ebenso wie ethnischen und sprachlichen Gruppen ein gleichberechtigtes, friedliches Zusammenleben ermöglicht und die eigene Entfaltung gewährleistet.

Die Ackermann-Gemeinde setzt sich dafür ein, noch bestehende historische Konflikte im Geist der Wahrhaftigkeit, der Gerechtigkeit und der gegenseitigen Achtung voreinander beizulegen.

Im Ringen um die Stärkung föderaler Strukturen und die Reduzierung zentralistischer Entscheidungswege ist dem Subsidiaritätsprinzip mehr als bisher Rechnung zu tragen.

- Auf die Zunahme der sozialen Ungleichgewichte muss reagiert werden. Die Ackermann-Gemeinde unterstützt alle politischen, gesellschaftlichen und kirchlichen Initiativen, die sich für ein stärkeres solidarisches Handeln in Europa engagieren.


Der Wille zur Gestaltung der europäischen Zukunft aus christlich-humanistischem Geist darf nicht erlahmen! Für die Ackermann-Gemeinde ist „die Verantwortung vor Gott“ für jede dauerhafte europäische Ordnung und die Bewahrung des Friedens unerlässlich. Europa braucht diese Rückbindung und diesen Geist auch, um seine Rolle bei der Gestaltung einer gerechteren Weltordnung finden und erfüllen zu können.

Eichstätt, den 28.11.2009

Eichstätter Dom