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Europäischer Essaywettbewerb: „Verstärkt den Blick auf die Mitte Europas richten“

Beim 21. deutsch-tschechischen Brünner Symposiums – Dialog in der Mitte Europas, heuer zum Thema „Unverstandene Nachbarn“ wurden die Siegerbeiträge des europäischen Essaywettbewerbs ausgezeichnet. Der Bundesvorsitzende der Ackerman-Gemeinde und Europaabgeordnete Martin Kastler konnte den Gewinnern der ersten drei Preise die Urkunden überreichen – auch im Namen seines verhinderten Abgeordnetenkollegen Jan Březina, des früheren Landeshauptmanns von Olmütz/Olomouc.

Kastler ging in seiner Einführung kurz auf den zum zweiten Mal in Deutschland, Tschechien und der Slowakei ausgeschriebenen Wettbewerb ein, der als Thema „Die Erwartungen der ostmitteleuropäischen Staaten an Deutschland und die deutsche Europapolitik“ hatte. „Dieses Mal nahmen mehr junge Männer als Frauen teil“, stellte der Europaabgeordnete fest, weshalb die ersten drei Preisträger auch ausschließlich Herren waren. Kastler freute sich auch, dass mehrere Verbände und Institutionen den Wettbewerb mit unterstützt haben.

Der dritte, mit 200 Euro dotierte Preis ging an Filip Dembický, der in seiner Abhandlung Mitteleuropa die Funktion einer Brücke zuwies, die auch zur Annäherung und „Dämpfung des Hasses“ beitragen könne. Enttäuschung, ja sogar „Beschämung“ äußerte er bezüglich der Ablehnung des Fiskalpaktes durch die Tschechische Regierung. Und er appellierte dazu, nationalistische und populistische Positionen zu beenden. Als Alternative empfahl er die „Kunst kühler Köpfe, nicht heißblütiger Politiker“.

Verschiedene, zur jüngsten Krise führende Aspekte beschrieb Jonáš Syrovátka, der das kirchliche Gymnasium in Pilsen/Plzeň besucht. Die von Banken mitverantwortete Finanzkrise, die Verantwortungslosigkeit mancher politischer Eliten und das uferlose Konsumverhalten in der gesamten westlichen Welt stellte er als Basis seiner Fragestellung dar, wohin in Zukunft Deutschland seine Schritte wagen sollte. „Die Reibereien zwischen den Staaten muss man diplomatisch lösen“, lautete Syrovátkas Empfehlung. Er verwies auf die „Multipolarität der modernen Welt“, die in Europa mit Großbritannien, Frankreich, Russland und Deutschland allein vier bedeutende Pole hat. Als Vorteil des heutigen Deutschlands sah der Zweitplatzierte die Erfahrungen des Kapitalismus wie auch des Kommunismus. Zentrale Aufgaben Deutschlands in Europa sind für den Pilsener Schüler die Überwindung der Währungskrise und der Abbau des demokratischen Defizits in der EU.

Große Einigkeit in der Jury herrschte, so Martin Kastler, bei der Vergabe des mit 500 Euro datierten 1. Preises an Lukáš Dulíček. Er fragte, ob die im Jahr 2004 der Europäischen Union beigetretenen Staaten Mittel- und Osteuropas jetzt wieder unter der Herrschaft eines Mächtigen stehen und ihre Souveränität beschränkt ist. Andererseits wies er auf die weiterhin bestehende Selbstverwaltung der Staaten und die nationale Identität hin. „Besser klein in der Europäischen Union als klein in der Welt“ lautete die Zwischenbilanz seiner Gedanken, wobei er aber auch nicht vergaß, dass viele dieser EU-Beitrittsstaaten erst vor kurzer Zeit ihre Eigenständigkeit errungen haben, auf die sie nun wieder verzichten sollten. „Die Osteuropäer müssen als gleichwertige Partner aufgenommen werden. Die EU wird durch Abschaffung der Ost-West-Gliederung eine starke Gemeinschaft, wenn man zurück zu Mitteleuropa geht“, plädierte Dulíček für eine stärkere Betonung der Mitte Europas. In diesem Prozess müsse Deutschland den mitteleuropäischen Staaten helfen, von den anderen europäischen Staaten noch stärker unterstützt zu werden. Die positiven Handelsbeziehungen Deutschlands zu seinen östlichen Nachbarn, die eigene Ost- und Westerfahrung sowie die führende Rolle in der Gemeinschaft sind für den Gewinner des 1. Preises die Faktoren, dass Deutschland diese Funktion übernehmen kann.

Die Ost- wie auch Westerfahrungen Deutschlands, die in zwei der drei Essays thematisiert wurde, betonte auch MdEP Kastler bei der Übergabe der Preise, die er und sein Parlamentarierkollege Březina aus privaten Mitteln gestiftet haben.

Markus Bauer

Die Preisträger mit Kastler MdEP (2.v.r.).