Februar-Kulturzoom der Ackermann-Gemeinde zum Thema „Darüber lacht Polen“

Ein wenig dem Fasching angepasst war der Februar-Kulturzoom der Ackermann-Gemeinde. Denn Dr. Matthias Kneip stellte sein Buch „Darüber lacht Polen – Eine Landeskunde in 72 Karikaturen und Texten“ vor. Obwohl ausnahmsweise am Montag, waren 54 PCs zugeschaltet, um die Ausführungen Kneips zu verfolgen.

Ganzheitlicher polnischer Humor – dargestellt in Karikaturen

Moderatorin Sandra Uhlich stellte den aus Regensburg stammenden Mitarbeiter am Deutschen Polen-Institut in Darmstadt sowie Schriftsteller und Polenreferenten vor. Nach dem Studium der Germanistik, Ostslawistik und Politikwisssenschaft war Kneip (* 1969) Mitte der 1990er-Jahre in Oppeln als Lektor tätig, im Jahr 1999 erfolgte die Promotion mit der Dissertation zum Thema „Die politische Rolle der deutschen Sprache in Oberschlesien 1921-1999“. Seit März 2000 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Polen-Institut. Darüber hinaus betätigt er sich als Polen-Referent für Wirtschaftsunternehmen, und er ist für Landeszentralen für politische Bildung sowie kulturelle Stiftungen als Schriftsteller mit Lesungen an deutschen Schulen unterwegs. Und nicht zu vergessen die Reiseleiter-Tätigkeit vor allem für Fahrten nach Polen sowie das publizistische Wirken. Für dieses vielfältige Wirken erhielt er unter anderem den Kulturförderpreis der Stadt Regensburg und die Goldene Eule des Clubs der polnischen Intelligenz. Für das im vergangenen Jahr erschienene Buch „Darüber lacht Polen“ hat er Texte zu den Karikaturen des polnischen Karikaturisten Andrzej Mleczko (* 1949) geschrieben.

„Aktuell dürfen wir über Humor dankbar sein“, meinte Kneip angesichts der schwierigen Weltlage einleitend. Er stellte kurz den seit 1971 als Karikaturisten wirkenden Andrzej Mleczko vor. „Viele Generationen sind mit seinen Karikaturen aufgewachsen, die von ihm behandelten Themen sind breit gestreut. Gut 20.000 Karikaturen hat er geschaffen. Er ist der bekannteste polnische Karikaturist. Seine Karikaturen, in denen er das gesellschaftliche und politische Leben in seinem Land kommentiert, erscheinen in vielen wichtigen polnischen Zeitungen und Zeitschriften“, führte Kneip aus.

Anhand ausgewählter Karikaturen griff Kneip unterschiedliche Themen auf: die gefährliche Lage Polens zwischen Deutschland und dem russischen Einflussbereich mit den polnischen Teilungen bis hin zum Hitler-Stalin-Pakt 1939. „Polen ist heute wachsamer, vertraut mehr auf Verträge als auf Gott“, kommentierte der Referent. Außerdem habe Polen in solch schwierigen Zeiten stets die Sprache, Kunst und Kultur bewahrt. Der  Roman „Quo Vadis“ des polnischen Schriftstellers Henryk Sienkiewicz sei daher vielfach auch als Darstellung des Konflikts zwischen Russland und Polen interpretiert worden.

Ein zentrales Thema ist auch die katholische Kirche, die lange Zeit als Bestandteil des polnischen Nationalbewusstseins galt. „Aktuell ist eine große Abwendung von der Kirche festzustellen, vor allem die junge Generation hat nicht mehr den Bezug. Seit 1989 gilt der Kommerz als große Kraft neben der Kirche“, beschrieb Kneip die Situation und zeigte zu dieser Thematik einige Karikaturen. So zum Beispiel den Export polnischer Priester und im Gegenzug den Import liberaler gesellschaftlicher Werte. „Polen gehört heute zu den am schnellsten säkularisierenden Ländern“, stellte der Vortragende fest. Gründe sind für ihn unter anderem das Bündnis der letzten Regierung mit der Kirche, das überaus strikte Abtreibungsrecht und die Missbrauchsskandale. „Die junge Generation kommt vom Glauben ab, Polen hat kaum noch Priester – insgesamt eine tragische und traurige Entwicklung“, fasste Kneip diesen Themenbereich zusammen, bei dem auch die Aspekte „Konsum“ und „Kapitalismus“ hereinspielen.

Damit einher gehen aber auch Belange wie Nationalgeist auf der einen und Geist der Freundschaft und Zusammenarbeit auf der anderen Seite, wie es eine Karikatur aufzeigte. Bei diesem Streit der Werte sei es in den letzten acht Jahren zu einer Spaltung des Landes gekommen – bis hin zu zerrütteten Familien und auseinandergebrochenen Freundschaften. Der Klimawandel, das Stopfen des Ozonloches – diese Dinge werden bei der hohen Abhängigkeit Polens von der Kohle ebenfalls problematisch, und per Karikatur dargestellt. Als weiteres Thema sprach Kneip das Verhältnis Polens bzw. der Polen zur EU an und brachte es auf den Punkt: „Die Polen sind auch begeisterte Europäer, haben aber Probleme mit der Europäischen Union.“ Als letzte Themen ging der Schriftsteller auf die Alkohol-Problematik – „Polen ist eher ein Bierland“ – und die Digitalisierung („Polen ist eines der schnellsten digitalisierten Länder Europas“) ein und schloss mit der Karikatur von Andrzej Mleczko, in der Gott die kaputte Welt zur Reparatur bringt.

Nach dem Verhältnis zwischen Polen und Tschechen fragte Werner Honal. „Die Tschechen gelten in der slawischen Welt als die Deutschen. Es sind zwei verschiedene Mentalitäten. Die Polen haben mehr Bezug zur Slowakei – auch sprachlich, aber die längste Grenze mit Tschechien. Es ist ein Verhältnis, wo man aufeinander guckt, es ist aber nicht politisch brisant“, erläuterte Kneip. Die im Vortrag erwähnte Beziehung zu Russland, Weißrussland und der Ukraine interessierte Bernhard Dick, zumal Polen ja Grenzen zu Weißrussland und zur Ukraine hat. „Das polnisch-ukrainische Verhältnis war auch sehr kompliziert und schwierig. Es ist mit dem Krieg jetzt positiver geworden. Die Sprache und Mentalität ist ähnlich, die Ukrainer integrieren sich gut in Polen. Belarus ist ein russischer Vasall“, war Kneips Antwort sehr deutlich. Abschließend verwies er auf den ganzheitlichen polnischen Humor, in dem sich Nation, Mentalität und Geschichte verbinden.

Markus Bauer

Die Lage Polens zwischen Deutschland und dem Einflussbereich Russlands ist immer wieder Thema in Andrzej Mleczkos Karikaturen.
Natürlich darf die katholische Kirche speziell in Polen in den Karikaturen nicht fehlen.
Export von Priestern – Import liberaler westlicher Werte.
Ozonloch und Klimawandel auch in Polen?
Dr. Matthias Kneip bei seinem Vortrag.
Die Kulturarbeit der Ackermann-Gemeinde im Institutum Bohemicum wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.