Franz Olbert feiert 75. Geburtstag
Wohl die wenigsten haben schon einmal von Schlettau im Schönhengstgau gehört. Aber ungezählte Menschen kennen den Mann, der dort 1935 geboren wurde und in diesen Tagen seinen 75. Ge-burtstag feiert: Franz Olbert.
Er gehört zum Urgestein der Ackermann-Gemeinde. Von 1976 bis 1999 wirkte er als deren Generalsekretär. Ebenfalls seit 1976 bis heute ist er stellvertretender Vorsitzender und ehrenamtlicher Geschäftsführer des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde. Das zeigt schon: Er steht ganz maßgeblich hinter allen Aktivitäten, durch welche die Ackermann-Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten zur Eingliederung der Vertriebenen, zur Aufarbeitung alten Unrechts und zur Neugestaltung der deutsch-tschechischen und deutsch-slowakischen Nachbarschaft beigetragen hat und beiträgt. Dabei hatte er immer beide Seiten im Auge. Er arbeitete für die Eingliederung der vertriebenen Sudetendeutschen. Dazu gehörte u. a. auch die Gründung eines „Arbeitsausschusses Sozialversicherung e.V.“. Als dessen stellvertretender Vorsitzender erreichte er, daß ca. 950.000 Sudetendeutsche trotz des Eisernen Vorhangs aus der ČSSR Nachweise über die Einzahlungen erhielten, die sie früher in der alten Heimat an die dortigen Rentenversicherungsträger geleistet hatten. Nur so konnten sie in Deutschland ihre Rentenansprüche belegen und insgesamt mehrere Milliarden Deutsche Mark Rentenleistungen ausgezahlt erhalten, die ihnen sonst mangels Nachweises versagt geblieben wären. Im Rahmen des Sozialwerks half er auch jenen Sudetendeutschen, die das Schicksal in die Sowjetische Besatzungszone verschlagen hatte. Und er vergaß nicht die Heimatverbliebenen. Um ihre geistige Not zu lindern, lud er bald nach der Wende zu kulturellen Begegnungen ein. Aber schon seit den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ließ er ihnen materielle Hilfen zukommen; noch heute erhalten nicht wenige Bedürftige alljährlich eine finanzielle Weihnachtsgabe. Als Christ sah sich Olbert in besonderer Weise durch die Verfolgung der Kirche unter der kommunistischen Diktatur herausgefordert. Priester und Laien in der damaligen Tschechoslowakei und in der Sowjetischen Besatzungszone hatten in ihm einen Helfer, der mit unerschöpflichem Ideenreichtum immer neue Wege fand, den verfolgten Christen zu helfen und das Überleben der Kirche zu ermöglichen. Damit war zugleich der Boden bereitet, auf dem nach der Wende der Aufbau einer neuen Nachbarschaft gewagt werden konnte. Eine aktuelle Publikation mit dem Titel „60 Jahre Friedensarbeit. Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde“ (München 2010), das Olbert gewidmet ist, zeugt von diesem segensreichen Wirken.
Olbert erkannte schon früh, daß es wichtig ist, auch außerhalb des eigenen Verbandes mitzureden, um so seinen Zielvorstellungen breitere Akzeptanz zu verschaffen. So übernahm er zusätzlich Verantwortung als Vorsitzender des Hauptausschusses der Flüchtlinge und Ausgewiesenen in Bayern, als Mitglied des Landesvorstands der Union der Vertriebenen in Bayern und als Mitglied des Landesvorstands des Bundes der Vertriebenen in Bayern. Innerhalb der katholischen Kirche engagierte er sich als Präsidiumsmitglied des Katholischen Flüchtlingsrates, als Präsidiumsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Vertriebenenorganisationen, als Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, als Mitglied der Menschenrechtskommission der deutschen Sektion von Justitita et Pax und als Mitglied des Aktionsausschusses der Solidaritätsaktion Renovabis. Er war Mitgründer des Internationalen Instituts für Nationalitätenrecht und Regionalismus und der Bernard-Bolzano-Stiftung in Prag. Bis heute gehört er den Präsidien beider Institutionen an.
Seit dem Jahr 2000 ist er Mitglied des Verwaltungsrats des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, von dem Begegnungen und andere deutsch-tschechische Projekte finanziert werden. Eben wurde er vom Bundesminister des Auswärtigen für eine weitere Amtsperiode in dieses Gremium berufen. Darin zeigt sich zugleich, welch großes internationales Ansehen Olbert genießt. Er scheut sich nicht, auch gegenüber tschechischen Partnern Unrecht anzusprechen. Er will erreichen, daß Geschehenes anerkannt wird. Aber immer will er zugleich den Weg zu einer Versöhnung ebnen.
Zwei Persönlichkeiten haben Olbert besonders geprägt. Ein Leitbild war für ihn der Gründer der Ackermann-Gemeinde: Hans Schütz, der sudetendeutsche christliche Gewerkschaftler und spätere bayerische Staatsminister. Olbert ist in seine Fußstapfen getreten und hat sich sein ganzes Leben lang aus christlicher Verantwortung mit Mut und Beharrlichkeit gesellschaftlich und politisch engagiert. Die andere große Persönlichkeit ist Papst Johannes XXIII. Olbert zitiert immer wieder dessen Enzyklika „Pacem in terris“. Aber er zitiert sie nicht nur. Er fühlt sich durch sie herausgefordert, gerade auch bei seiner Arbeit an den deutsch-tschechischen und deutsch-slowakischen Beziehungen. Alle, denen auch an dieser Nachbarschaft gelegen ist, sind ihm dafür dankbar.
Dr. Walter Rzepka
Die in diesem Jahr erschiene Publikation "60 Jahre Friedensarbeit. Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde" wurde Franz Olbert zum 75. Geburtstag gewidmet. Sein Name ist eng mit dem segensreichen Wirken des Sozialwerks verbunden. In der Publikation kommt er in zwei kurzen Interviews auch zu Wort. Sie kann in der Rubrik Publikationen online bestellt werden.
Widmung von Martin Kastler MdEP und Adolf Ullmann: