Gemeinsam in der deutsch-slowakischen Nachbarschaft unterwegs
Mit Spitzenvertretern der Karpatendeutschen traf der Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde bei seiner letzten Sitzung Ende Februar in Retzbach bei Würzburg zusammen.
Trotz der Teilung vor 20 Jahren sind Tschechien und die Slowakei noch immer besondere Nachbarn. So gibt es viel Verbindendes zwischen diesen beiden Ländern, aber auch zahlreiche Unterschiede. Dies und die konkreten Aktivitäten in der deutsch-slowakischen Zusammenarbeit waren Themen eines Treffens des Bundesvorstandes der Ackermann-Gemeinde mit Spitzenvertretern der Karpatendeutschen.
„Auch die Ackermann-Gemeinde ist in der Slowakei aktiv“. Darauf verwies der Bundesvorsitzende Martin Kastler MdEP eingangs bei seiner Begrüßung. Daher sei es wichtig, voneinander zu wissen und Möglichkeiten der Kooperationen mit der Karpatendeutschen Landsmannschaft und dem Hilfsbund Karpatendeutscher Katholiken auszuloten. Hierzu waren Brunhilde Reitmeier-Zwick, Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, und Pfarrer Johann Kotschner, Vorsitzender des Hilfsbundes, nach Retzbach bei Würzburg gekommen. Die Kontakte der Ackermann-Gemeinde in die Slowakei seien vielfältig, auch wenn sie oft nur auf persönlichen und nicht institutionalisierten Beziehungen beruhten, so Kastler. Der Schwerpunkt liege dabei auf dem kirchlichen Bereich. Auch an den jährlich stattfindenden Deutschkurse für Priester nähmen slowakische Geistliche teil, wusste der Vorsitzende des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde, Msgr. Dieter Olbrich, zu berichten. Die Jugendreferentin Sandra Uhlich führte die Kontakte des Jugendverbandes „Junge Aktion“ in die Slowakei aus. In diesem Jahr werden sowohl ein Sommerprojekt, in der Region um Košice/Kaschau, als auch die Silvesterbegegnung, in Bratislava/Preßburg, dort stattfinden. Auch bei den Begegnungen an Ostern im Kloster Rohr zählten in den vergangenen Jahren auch slowakische Jugendliche, überwiegend aus der Zips, zu den Teilnehmern. Reitmeier-Zwick und Kotschner können auf zahlreiche und enge Kontakte in die alte Heimat verweisen. Zum Programm der einzelnen karpatendeutschen Organisationen gehören stets Busreisen in die Slowakei und dortige Begegnungen mit den heimatverbliebenen Deutschen und kirchlichen Stellen.
Im Schatten der deutsch-tschechischen Konflikte entwickelte sich in den neunziger Jahren das Verhältnis zwischen den vertriebenen Karpatendeutschen und der Slowakei sehr positiv. Ein großer Schritt dabei war die „Erklärung des Slowakischen Nationalrates zur Abschiebung der Deutschen aus der Slowakei“ vom 12. Februar 1991. Mit dieser wurde die nach dem Krieg angewandet Kollektivschuld verurteilt und der Verlust, den die Slowakei durch die Vertreibung erlitten hat, formuliert: „Wir sind uns bewusst, dass die Slowakei mit der Evakuierung und nachfolgenden Vertreibung deutscher Mitbürger eine ethnische Gruppe verlor, die über Jahrhunderte hinweg Teil der gemeinsamen Zivilisation war und in bedeutendem Maße für die kulturelle Mannigfaltigkeit unseres Landes sorgte.“ Zum 20. Jahrestag der Erklärung entstand die Ausstellung „Die Karpatendeutschen – Geschichte des Lebens der Deutschen in der Slowakei“. Erstmals wurde sie im Januar 2011 im Deutschen Bundestag von dem deutschen und dem slowakischen Parlamentspräsidenten präsentiert. In diesem Jahr soll sie auch in München gezeigt werden. Mit der Erklärung reichten die slowakischen Volksvertreter den Vertriebenen und ihren Nachkommen die Hand zur Verständigung: „Lasst uns gemeinsam an der Gestaltung der vergangenen Heimat arbeiten.“ Diese Hand hätten die Karpatendeutschen mit großer Dankbarkeit angenommen, so die Landsmannschaftsvorsitzende Reitmeier-Zwick. „Ich bin allen meinen Vorgängern dankbar, dass sie intensiv, liberal und menschlich den Kontakt in die Slowakei gesucht haben.“ Hierauf könne sie aufbauen, wenn sie heute in Berlin oder Bratislava/Preßburg unterwegs sei, berichtet Reitmeier-Zwick von ihren Begegnungen mit staatlichen slowakischen Repräsentanten. Nach ihrer Ansicht hätten die Karpatendeutschen einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die Slowakei politisch akzeptiert wurde und der EU-Beitritt im Jahr 2004 möglich wurde. In Deutschland könne sie sich vor allem politisch auf das Schirmland Baden-Württemberg und kirchlich auf die Diözese Rottenburg-Stuttgart stützen.
Im kirchlichen Bereich beabsichtigt der Hilfsbund seine Kontakte in die alte Heimat aufrechtzuerhalten und Partnerschaften mit dem „Maximilian-Hell-Verein“, dem Patenverein in der Slowakei und den Heimatgemeinden zu pflegen. Laut Pfarrer Kotschner gehörten auch weiterhin die Wallfahrten und Kulturtagungen zu den aktuellen Aufgaben. Durch Studien- und Begegnungsfahrten sowie durch kulturelle, kirchliche und traditionelle Veranstaltungen werde die Verbundenheit zur alten Heimat auch bei den Nachkommen erhalten, gibt sich der Vorsitzende des Hilfsbundes zuversichtlich.
„Es war ein intensiver Austausch“, zeigte sich Matthias Dörr, Bundesgeschäftsführer der Ackermann-Gemeinde anschließend zufrieden. Gemeinsam sei man in der Slowakei und in der deutsch-slowakischen Nachbarschaft unterwegs. Daher sei es wichtig, von einander zu wissen und im Austausch zu bleiben, waren sich die Gesprächsteilnehmer einig. Zugleich könne man durch Kooperationen voneinander profitieren. Gerade das aktuelle Gedenkjahr zu Cyril und Method bietet hier gute Ansatzpunkte.
ag
Bildunterschrift: Gemeinsam aktiv für gute Kontakte in die Slowakei (v.l.n.r.): Martin Kastler MdEP (Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde), Brunhilde Reitmeier-Zwick (Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft), Msgr. Dieter Olbrich, (Visitator für die Seelsorge an den Sudetendeutschen und Karpatendeutschen, Vorsitzender des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde) Pfarrer Johann Kotschner (Vorsitzender des Hilsbundes der karpatendeutschen Katholiken).