„Halten wir Abstand, aber halten wir zusammen!"

Die Ackermann-Gemeinde Regensburg beteiligte sich mit einem Nachbarschaftstreffen am bayerisch-tschechischen Grenzübergang Hofberg-Fleky erneut an den „Samstagen für Nachbarschaft“. Seit Anfang Mai finden vierzehntägig Treffen von Deutschen und Tschechen an unterschiedlichen Orten entlang der bayerisch-böhmischen und sächsisch-böhmischen Grenze statt. Weitere Ableger der internationalen Bürgerinitiative gibt es im österreichisch-tschechischen und tschechisch-polnischen Grenzgebiet. Grund dafür sind die mit der Corona-Krise im März verhängten Grenzschließungen, die voraussichtlich Mitte Juni wieder aufgehoben werden sollen. Bei einer der insgesamt 18 gleichzeitig stattfindenden Veranstaltungen am vergangenen Samstagnachmittag brachte die AG Regensburg nahe des Wander- und Rad-Grenzübergangs Hofberg-Fleky Bürger von beiden Seiten zusammen.

Rund 50 Personen, davon etwa ein Drittel Tschechen, hatten sich bei angenehmen Wetter auf den Weg gemacht. Ausgestattet mit Decken sowie mit Essen und Trinken hatte die Veranstaltung Picknick-Charakter, auch wenn sie aufgrund der aktuellen Bestimmungen auf eine Stunde begrenzt war und natürlich die üblichen Hygiene-Vorschriften (Mund-Nasen-Schutz, Mindestabstand) galten.

Für den Veranstalter, die Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg, begrüßten Marcus Reinert und Florian Würsch die Gäste. Sie zeigten sich erfreut, dass die Besucher zum Teil weite Anreisen auf sich genommen hatten. Der Vertreter der Jungen Aktion im Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde, der Neukirchener Christoph Mauerer, hieß die Ehrengäste willkommen. Neben den Grußwortrednern waren dies die Bürgermeister Václav Bernard aus Neumark/Všeruby und Jana Dirriglová aus Lautschim/Loučim sowie Dr. Gerhard Kram (Sektionsvorsitzender des Bayerischen Wald-Vereins Neukirchen), Martin Daiminger (Tourismusbeauftragter von Eschlkam) und Emil Baierl (2. Vorstand des Heimatkreises Rothenbaum, * 1933). Das ehemalige Dorf Rothenbaum liegt unmittelbar hinter dem Ort des samstäglichen Grenztreffens. Da die Rothenbaumer aktuell nicht in ihre alte Heimat können, übernimmt nun die Gemeinde Chudiwa/Chudenín die Pflege des dortigen Friedhofs.

Der Vorsitzende der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg Karl-Ludwig Ritzke freute sich in seinem Grußwort über die stattliche Teilnehmerzahl und dankte den drei Vorstandsmitgliedern für die Organisation. Ebenso verwies er auf die engen Beziehungen nach Klattau/Klatovy mit den regelmäßigen Symposien und dem Besuch der dortigen Wallfahrt.

Betrübt über die derzeit geschlossene Grenze zeigte sich Neukirchens Bürgermeister und Stellvertretender Chamer Landrat Markus Müller in seinem Grußwort. „Das ist ein Einschnitt in unser Zusammenleben, in die gegenseitige Verbindung. Das ist nun unterbrochen, eingeschränkt und schwieriger“, stellte das Gemeindeoberhaupt fest. Natürlich stehe der Gesundheitsschutz über allem, doch angesichts niedrigerer Infektionszahlen hofft Müller, „dass sich das Leben und auch das Zusammenleben normalisieren wird.“ Der Ackermann-Gemeinde dankte er für das Setzen dieses Zeichens.

Auf die guten Verbindungen der Bevölkerung beiderseits der Grenzen von unten her, zum Beispiel in den Vereinen und Gruppen, machte Bürgermeister Jaroslav Bouzek von Chudiwa/Chudenín, der zweite „Hausherr“ dieses Treffens an der Grenzlinie, in seinem Grußwort aufmerksam. Diesen Weg gelte es auch künftig zu gehen. Ein Erlebnis aus seiner Kindheit an der Grenze nahm der Chamer CSU-Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Hopp als Ausgangspunkt, um für ein Zusammenwachsen Europas zu appellieren. „Sie alle beweisen, dass Bayern, Deutschland und Tschechien zusammengewachsen sind und zusammenhalten. Sie setzen ein klares Signal, dass wir die Herausforderungen der Corona-Krise gemeinsam bewältigen können“, zollte er den Organisatoren und auch den Gästen Anerkennung. Neben den Lockerungen und Öffnungen sei aber auch wichtig, das Gespräch zu suchen. „Halten wir Abstand, aber halten wir zusammen!", brachte es Hopp auf den Punkt.

„Unseren gemeinsamen Raum, unsere Heimat“ stellte Egid Hofmann, Neukirchens Altbürgermeister (1978-2002), in den Mittelpunkt seines Grußwortes. Hofmann, der wegen seines unermüdlichen grenzüberschreitenden Engagements auch unter dem Ehrentitel „Heimlicher Außenminister des Bayerischen Waldes“ bekannt ist, erinnerte an den 1. März 1996, als hier der Fuß- und Radweg nach Böhmen eröffnet wurde. „Ich hätte nie gedacht, dass hier etwas Trennendes existieren sollte. Egal, wo ich mich in dieser Region aufhalte, da bin ich zuhause“, meinte der Altbürgermeister. Hofmann, der am Vortag seinen 81. Geburtstag feierte, stieß mit einem Glas Bier mit den beiden Bürgermeistern und dem Landtagsabgeordneten darauf an, dass es mit und in dem gemeinsamen Heimatraum gut weitergehen und die Corona-Pandemie die Nachbarschaft nicht beschädigen möge. Übersetzt wurden die Grußworte vom Klattauer Miloslav Sláma, langjähriger Freund der Pfarrei Neukirchen wie auch der Ackermann-Gemeinde Regensburg.

Mit bayerisch-böhmischer Musik umrahmten Marcus Reinert sowie Barbora und Štěpán Špád das Treffen. Das junge Ehepaar Špád aus Klattau steht ebenfalls schon seit langem in engem Kontakt zur Ackermann-Gemeinde.

Abschließend machte Christoph Mauerer, der sich auch in der Gesamt-Initiative „Samstage für Nachbarschaft“ engagiert, auf den „Aufruf zur freien Nachbarschaft“ aufmerksam. Dieses inhaltliche Fundament der Initiative kann in ihrer Facebook-Gruppe nachgelesen werden

Einig war man sich im bayerisch-böhmischen Organisationsteam der Ackermann-Gemeinde, dass der Einsatz gegen die Grenzschließung und für lebendige Nachbarschaft weitergehen soll – der nächste „Samstag für Nachbarschaft“ der Gesamt-Initiative findet turnusgemäß am 13. Juni statt. Der anwesende Bürgermeister der Grenzgemeinde Všeruby, Václav Bernard, lud die Organisatoren auch gleich spontan an „seinen“ Grenzübergang mit der bayerischen Gemeinde Eschlkam ein.

Markus Bauer

Sie stießen auf eine weitere gute Nachbarschaft an: Von links Bürgermeister Markus Müller, MdL Dr. Gerhard Hopp, Bürgermeister Václav Bernard aus Všeruby, Altbürgermeister Egid Hofmann, Christoph Mauerer. Die beiden Letztgenannten konnten übrigens am Vortag ihren 81. bzw. 30. Geburtstag feiern, worauf natürlich auch angestoßen wurde. (Fotos: M. Bauer)
Landtagsabgeordneter Dr. Gerhard Hopp bei seinem Grußwort.
Der momentan noch gesperrte Grenzübergang bei Hofberg.
Zwei Teilnehmer aus Tschechien mit der tschechischen Flagge und der Europafahne.
Blick auf einen Teil der Teilnehmer.
Štěpán Špád und Marcus Reinert umrahmten das Treffen musikalisch.