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Madonna aus Kanonen

Mit einem Weihnachtsgruß wendet sich Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, an die Mitglieder und Freunde der Ackermann-Gemeinde. Diesen hat er überschrieben mit "Madonna aus Kanonen":

Die Kriegsbeute von Kanonen wurde zu einer Marienstatue umgegossen. Aus 213 Kanonen, die bei der Schlacht um Sewastopol erobert wurden, fertigte der Bildhauer Jean-Marie Bienaimé Bonnassieux 1860 eine Madonna mit dem Kind an, die 23 Meter hoch ist und auf einem hohen Berg in der Nähe von Le Puy en Valey in Zentralfrankreich aufgestellt wurde. Das geschah am 12. September 1860 unter der Beteiligung von 120.000 interessierten Bewohnern der Stadt. Beim Bericht über die Geschichte dieser Madonna wurde ich sehr nachdenklich. Kann man aus eroberten Kanonen eine Madonna anfertigen? Menschen haben durch die Kanonen ihr Leben verloren. Wäre nicht das Verschrotten der Kanonen sinnvoller und angemessener gewesen? Welche Geschichte steckt dahinter?

Im Krimkrieg von 1853 bis 1856 standen sich russische Truppen und eine Allianz von englischen, französischen, osmanischen und sardischen Truppen gegenüber. Die Schlacht um Sewastopol zwischen 1854 und 1855 brachte auf beiden Seiten viele Verluste. Auch in der Folgezeit war die Krim immer Ziel von Eroberungsfeldzügen. In jüngster Zeit haben wir wiederum eine Eroberung der Krim erleben müssen. Sie hat bis heute eine große strategische Bedeutung. 

Die Sehnsucht nach Heil und Frieden erfüllt die Menschen von Beginn ihrer Existenz an. Schwerter zu Flugscharen umschmieden ist nicht erst eine Idee der Friedensbewegung gewesen. Schon der Prophet Joel (4,10) nennt diese Idee. Am Heiligen Abend hören wir in der gleichen Intention im Gottesdienst das schöne Wort des Propheten Jesaja: "Jeder Stiefel, der dröhnend daher stampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers. Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter" (Jes, 9, 4f).  Mit der Geburt des Messias beginnt die Chance auf Frieden in einer neuen Weise. Der Mensch muss sich nicht mehr groß und mächtig werden, um vor Gott etwas zu gelten, sondern das Kind in der Krippe ist der Maßstab für wahre Größe. Wer Frieden stiftet, kann sich Kind Gottes nennen (vgl. Mt 5,9)  und nicht derjenige, der andere beherrschen will. Gott hat auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut – sagt Maria im Magnifikat. Er wertet um und regt uns damit selbst an, neue Maßstäbe zu setzen. Mit Madonnen kann man nicht schießen und töten. Sie erinnern an das Ja Mariens zum Willen Gottes. Sie fragen uns: Wie steht es mit Deiner Bereitschaft, die Waffen ruhen zu lassen oder sogar umzuschmieden? Es täte der Welt und auch uns gut!

Das Weihnachtsfest ist ein guter Anlass zum Umdenken. Friedvolle Weihnachten entstehen dort, wo die Waffen verschrottet werden und sich Hände zum Friedensgruß ausstrecken, die bisher nur am Abzug der Gewehre – auch der Gedankengeschütze - waren. Das Kind in der Krippe gibt uns keine Legitimation mehr, auf Waffengewalt zu vertrauen.

Ich wünsche allen ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest.

+ Weihbischof Dr. Reinhard Hauke

Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz
für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge

Die Madonna aus Kanonen