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Neue Äbtissin der Benediktinerabtei Venio kommt vom Weißen Berg in Prag

Eine tschechische Ordensschwester der Prager Außenstelle auf dem Weißen Berg steht nun der Münchner Benediktinerabtei Venio in München vor. Am 13. Februar wurde Sr. Francesa Šimuniová OSB in einer Festmesse vom Münchner Erzbischof Dr. Reinhard Kardinal Marx zur Äbtissin der Abtei Venio von der Verklärung des Herrn in München geweiht. Die Gemeinschaft wählte sie bereits am 2. Januar 2021 unter dem Vorsitz von Abtpräses Barnabas Bögle OSB aus Ettal für 12 Jahre als Nachfolgerin von Sr. Dr. Carmen Tatschmurat OSB zur Äbtissin. „Mit einer tschechischen Äbtissin in München wächst die Verbindung zwischen München und Prag weiter“, freut sich Monsignore Dieter Olbrich, Geistlicher Beirat der Ackermann-Gemeinde und Präses der Sudetendeutschen. Dies sei nicht nur „Ausdruck eines gelebten deutsch-tschechischen Miteinanders in der Abtei“, sondern auch ein „wunderbares Zeichen, dass wir als Christen unabhängig von Herkunft und Nationalität Brüder und Schwestern sind“. Mit Sr. Francesca werde die Abtei nun von einer Frau geleitet, die sich „seit Jahren in der ökumenischen Zusammenarbeit und für den deutsch-tschechischen Austausch, auch in der tschechischen Sdružení Ackermann-Gemeinde, engagiert und dabei wichtige Akzente gesetzt hat“, so Olbrich.

Bei der Weihe betonte Kardinal Marx den Wert der Klöster als „Orte, wo Gott sich finden lässt“. Diese Räume offen zu halten „in dieser turbulenten Welt, in dieser beunruhigenden, umbrechenden Zeit auch für die Kirche, ist ganz wichtig“, sagte der Erzbischof von München und Freising. Bei dem Weihegottesdienst in der Nymphenburger Kapelle der Abtei dankte Marx allen Ordensleuten für ihren Dienst und wünschte der neuen Äbtissin Gottes Segen „für diese wichtige Berufung, mit Ihrer Gemeinschaft dieses Kloster zu prägen, zu gestalten und damit ein wichtiges Zeichen zu setzen für die Gegenwart Gottes in unserer Welt“.

Ordensleute bezeichnete Marx als Menschen, „die geprägt sind von der Berufung, Gott zu suchen und einen Raum zu schaffen, damit Menschen in Berührung kommen mit diesem Geheimnis.“ Immer neu Raum für die Begegnung mit Gott zu schaffen, sei laut Marx „ein lebenslanger Weg“ und bedeute „sich aufzumachen, sich zu öffnen für diese Wirklichkeit, aber dann zu erkennen, dass er schon auf der Suche nach mir ist“. Angesichts der Relevanz der Klöster für die Zukunft der Kirche betonte Marx, „dass diese Orte bleiben werden, sich erneuern und neue Formen finden werden“, wie es auch in der Geschichte der Abtei Venio der Fall gewesen sei.

Die Wahl zur Äbtissin kam für Sr. Francesca Šimuniová überraschend, berichtete sie. Šimuniová wurde am 4. März 1973 in Brandeis an der Elbe/Brandýs nad Labem als Stanislava in der Erzdiözese Prag geboren. Sie wurde evangelisch getauft und kam über einen evangelischen Pfarrer, „einen jungen Mann mit langen Haaren, Jeans und Lennon-Brille“, mit dem Glauben in Kontakt. „Vorher hatte ich nie Gebet oder Gottesdienst erlebt,“ erinnert sich die Ordensfrau. Fortan besuchte sie mit der Mutter und Schwester die Sonntagsgottesdienste in der Villa der Pfarrersfamilie am Rande ihrer Heimatstadt. „Das war wirklich eine große Überraschung, dass wir plötzlich eine christliche Familie sind“, blickt Sr. Francesca zurück. Die Beschäftigung mit philosophisch-existentiellen Fragen sowie Erfahrungen in evangelischen Einrichtungen in Niedersachsen habe ihren Glauben weiter gestärkt. „Dort hatte ich Erlebnisse, die ich als echte Gottesbegegnungen bezeichnen kann.“ An der Prager Karlsuniversität studierte sie Sonderpädagogik und arbeitete anschließend mit sozial benachteiligten Menschen. Über die Tätigkeit bei der Caritas und über die katholische Studentengemeinde in der Salvatorkirche fand sie einen Zugang zur katholischen Kirche. Über eine von der Benediktiner-Abtei Břevnov angebotene „Ora et labora“-Woche führte ihr Weg letztlich zur Abtei Venio. Das Noviziat begann sie in München. Ein Jahr bevor sie am 10. Dezember 2011 ihre zeitlichen Gelübde ablegte, zog sie in die Prager Gemeinschaft auf den Weißen Berg. Als Namenspatronin wählte sie die heilige Francesca von Rom.

Am Weißen Berg in Prag hatten 2007 tschechische Benediktinerinnen, die seit 1992 den Wunsch nach der Gründung eines Frauenklosters in Tschechien hegten, ein neues Kloster gegründet. Dieser Gründung ging ein langer Weg voraus, der zunächst nach Polen (Przemysl) und dann 2003 nach Deutschland in die Kommunität Venio in München führte. Seither hat sich im Kloster am Weißen Berg viel getan: Ein Neubau mit Schwesternzimmern, die Sanierung des Gästehauses und seine Ausstattung, die Restaurierung der Chorkapelle, die Reparaturen von Kuppel, Dach und Fenstern der Wallfahrtskirche, die Wiederherstellung des Außenareals mit dem Dientzenhofer-Portal, daneben die Spendenakquise, Buchhaltung, Finanzverwaltung, Organisation von „Tagen im Kloster“ für Besinnung suchende Gäste, die Kontaktpflege zu anderen Ordensgemeinschaft mit Besuchen und Gegenbesuchen, die Gestaltung von Gottesdiensten und – inzwischen Fixpunkt im Jahresablauf – ein großer, ökumenischer Gottesdienst am Tag der Schlacht am Weißen Berg. Auch in München kann es zu einem wichtigen Schritt: 2013 wurde die Kommunität Venio zu einer Abtei erhoben und Sr. Dr. Carmen Tatschmurat, die seit 2010 Priorin der Gemeinschaft war, wurde zur ersten Äbtissin geweiht.

Aktuell gehören Venio an beiden Standorten insgesamt 20 Schwestern. Die Venio-Schwestern haben einen besonderen Lebensstil und verbinden üblicherweise das klösterliches Leben mit alltäglicher Berufstätigkeit. Die Schwestern sind zum Beispiel als Krankenschwester, Ärztin, Lehrerin oder EDV-Verantwortliche tätig. Ihre Ordenstracht tragen sie nur zu den Gebeten. Sr. Francesca arbeitete in Prag von 2003 bis 2020 für die „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ und betreute als Landesbeauftragte deutsche Freiwillige in der Tschechischen Republik. Dabei erlebte sie auch Kulturunterschiede zwischen beiden Ländern. „In Tschechien laufen Dinge manchmal deutlich spontaner und entspannter ab als in Deutschland.“ Termine aus Berlin schon zwei Jahre im Voraus zu bekommen, sei für sie am Anfang, in den 1990er Jahren, „wirklich ein Kulturschock“ gewesen, berichtet Sr. Francesca. Ihr Wirken in der deutsch-tschechischen Nachbarschaft führte sie auch in die Sdružení Ackermann-Gemeinde. Regelmäßig nahm sie an deren Konferenzen als Gast oder Mitwirkende teil und gehörte sogar einige Zeit dem Vorstand der tschechischen Schwesterorganisation der Ackermann-Gemeinde an.

Ein weiteres Herzensanliegen ergibt sich für Sr. Francesca aus ihrer Biographie, aber auch aus der Geschichte des Klosters am Weißen Berg: die Ökumene. Im letzten Jahr war sie maßgeblich für die Ausgestaltung der Erinnerung an 400 Jahre Schlacht am Weißen Berg verantwortlich. Mit der Errichtung eines Versöhnungskreuzes wurde zum Jahrestag im vergangenen Jahr ein ökumenisches Versöhnungszeichen gesetzt. Auch in ihrer neuen Aufgabe will sie sich weiter der Ökumene widmen: „Ökumene ist mein großes Thema. Da bin ich sehr gespannt auf neue Begegnungen im deutschen Sprachraum. Hier in Tschechien sind wirklich ökumenische Freundschaften entstanden.“

Was bedeutet es für die Münchner Abtei, dass nun eine Schwester aus Prag neue Äbtissin ist? „Wir freuen uns darauf, die beiden Teile unserer Abtei jetzt noch intensiver miteinander zu verbinden, und hoffen, dass: L´unità non è uniformitá, ma sinfonia di voci nella caritá, wie Papst Franziskus sagte, die Einheit keine Einheitlichkeit, sondern eine Symphonie von Stimmen der Liebe ist“, hieß es in der Einladung der Abtei zur Weihe. Und weiter: „Diese Symphonie wollen wir gut mit Euch allen zusammenspielen.“

Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie konnte die Weihe nur ohne Gäste gefeiert werden. „Wir bitten Sie, Schwester Francesca und die ganze Gemeinschaft im Gebet zu begleiten“, so der Wunsch der Schwestern von Venio.

ag

YouTube: Beitrag zur Weihe von Sr. Francesca

Interview der Münchner Kirchenzeitung mit Sr. Francesca Šimuniová

Pressemeldung des Erbistums München und Freising

Abtei Venio Äbtissin Sr. Francesca Šimuniová
Ausgestattet mit der Benediktsregel, die das Ordensleben der Benediktinerinnen umfassend beschreibt, und ihrem Äbtissinnenstab sieht die neue Äbtissin Sr. Francesca Šimuniová OSB von Venio ihrem Wirken froh entgegen. (Foto: Erzbischöfliches Ordinariat München (EOM) / Georg Steinmetzer)
Äbtissin Venio Sr. Francesca Šimuniová
Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, übergibt Francesca Šimuniová nach der Weihe den Äbtissinnenstab. (Foto: Erzbischöfliches Ordinariat München (EOM) / Georg Steinmetzer)
Weißer Berg Prag Sr. Francesca Šimuniová
Die Ackermann-Gemeinde (AG) und ihr Jugendverband Junge Aktion (JA) pflegen einen engen Kontakt zum Kloster auf dem Weißen Berg. Hier planen 2017 (v.l.) die damalige JA-Bundesgeschäftsführerin Amálie Kostřížová, der JA-Bundessprecher Matthias Melcher, AG-Bundesgeschäftsführer Matthias Dörr und Marie Smolková aus der AG-Bundesgeschäftsstelle eine gemeinsame Aktion mit Sr. Francesca Šimuniová (Mitte). (Foto: Archiv Ackermann-Gemeinde)
Weißer Berg Prag
Sr. Francesca begrüßte im Februar 2020 eine deutsch-tschechische Gruppe von Ackermann-Gemeinde und Sdružení Ackermann-Gemeinde in der Wallfahrtskirche „Maria vom Siege“ auf dem Weißen Berg. (Foto: Archiv Ackermann-Gemeinde)
Sdružení Ackermann-Gemeinde Sr. Francesca Šimuniová
Sr. Francesca (2. v.l.) als Moderatorin eines Podiums bei der deutsch-tschechischen Konferenz der Sdružení Ackermann-Gemeinde in Prag im Jahr 2020. (Foto: Archiv Ackermann-Gemeinde)
Prokop Siostrzonek Francesca Šimuniová Weißer Berg Junge Aktion
Gemeinsam mit dem Erzabt von Břevnov Prokop Siostrzonek OSB (2 v.l.) verabschiedete Sr. Francesca (l.) eine deutsch-tschechische Gruppe der Jungen Aktion, die sich 2018 unter dem Motto „Suche Frieden“ mit dem Rad auf dem Weg von Prag nach Münster machten. (Foto: Archiv Ackermann-Gemeinde)
Weißer Berg Matthias Melcher Sr. Francesca Šimuniová
JA-Bundessprecher Matthias Melcher (l.) mit Sr. Francesca vor dem Start der deutsch-tschechischen Radtour. (Foto: Archiv Ackermann-Gemeinde)
Abtei Venio Äbtissin Francesca Šimuniová
Ankündigung der Äbtissinenweihe