Pilsen: Ullmann zieht positive Bilanz

Zum Abschluss des 31. Bundestreffens der Ackermann-Gemeinde in der westböhmischen Bischofsstadt Pilsen/Plzeň (1.-4.8.2009) zog der Bundesvorsitzende Adolf Ullmann eine rundweg positive Bilanz:

"In den vergangenen Tagen haben wir uns nicht nur intensiv mit den Vorträgen und bei unseren Foren mit dem Motto unseres Treffens beschäftigt, wir haben uns als Nachbarn erlebt, diese Nachbarschaft gelebt, als Nachbarn, die sich mit Wohlwollen und in Freundschaft begegnen und die gemeinsam das Haus Europa weiterbauen wollen, so daß es den Stürmen der Zukunft standhält und zu einem Raum wird, in dem wir und die nachkommenden Generationen in Freiheit und Frieden leben und arbeiten können.

Wir haben ein Bundestreffen erleben dürfen, das sicher in die Geschichte unserer Gemeinschaft eingehen wird. Wir waren mit einem Bundestreffen zum ersten Mal auf tschechischem Boden. Die Entscheidung hierher zu gehen, war risikobehaftet. Sie hat sich gelohnt. Das Pilsener Treffen zählt, so sagten mir es viele von Ihnen, zu den schönsten und bewegendsten von allen 31 Treffen. Dass diese Tage so harmonisch verliefen und so erlebnisreich wurden, dazu haben viele beigetragen. Einzelnen konnte ich gestern schon danken. Heute kann ich insgesamt unser aller Dank aussprechen.

Wir fühlten uns hier in Pilsen willkommen und als Gäste angenommen. Ich danke Exzellenz Bischof Radkovský, Herrn Generalvikar Falkenauer und den Mitarbeitern der Kurie für die enorme Unterstützung bei der lokalen Vorbereitung in den letzten Monaten. Gleicher Dank gilt der Stadt Pilsen, ihrem Oberbürgermeister und seinen Mitarbeitern.

Ich danke auch für das enorme mediale Interesse für unser Treffen. Wir registrieren sehr erfreut eine sehr gute, themengerechte Berichterstattung im Fernsehen und den Zeitungen. Wir hoffen, dass damit die Impulse, die Pilsen gesetzt hat, auch breitere Schichten der Bevölkerung in Tschechien und Deutschland erreichen.

Ich danke unseren Partnern von in der Sdružení Ackermann-Gemeinde, von  Antikomplex und beim Rotary-Club für ihre Mitwirkung beim Bundestreffen. Sie  gewährten gerade mit den Ausstellungen einen ganz speziellen Blick auf die deutsch-tschechischeNachbarschaft und  auf den Stand des tschechischen Diskurses zur Geschichte und zur Gegenwart.      

Ich danke dem Chor, dem Orchester, der Volksmusik und dem Kreativen Arbeitskreis des Rohrer Sommers. Stephanie Kocher, Simon Ullmann, und Paul Barth. Heute möchte ich noch Waltraud Heppner und ihrem Team für den Bazar zugunsten des Sozialwerks der Ackermann-Gemeinde danken. Dies ist nicht nur ein finanzieller Beitrag. Ihre Aktion hilft mit, den Gedanken der Solidarität mit unseren Schwestern und Brüdern in der Tschechischen Republik und in der Slowakei in unseren Reihen immer wieder wach zu halten. Sie helfen mit , dass unseren Worten auch Taten folgen, dass der Kopf der Ackermann-Gemeinde, bildlich gesprochen, auch Hände und Füße bekommt. Insgesamt hat der Rohrer Sommer unsere Herzen, unser Gemüt bewegt, so dass die Tage von Pilsen auch emotional weiterschwingen werden und uns motivieren, mit Freude und Zuversicht an die Aufgaben der kommenden Jahre zu gehen.

Wir haben zurückgeblickt auf die Zeit der 20 Jahre nach der Samtenen Revolution und auf 5 Jahre der Mitgliedschaft der Tschechischen Republik in der Europäischen Union. Mit diesem Thema haben wir den Zustand unserer Nachbarschaft auf vielerlei Beziehungsebenen durchleuchtet. Wir können dankbar feststellen, dass auf der staatlichen und der Länderebene, auf der Ebene der Kommunen, der Vereine und Organisationen, nicht zu vergessen der Schulen eine nicht zu überblickende Fülle an fachlichen und menschlichen Kontakten existiert, die spürbar Früchte tragen. In den ungewohnt vielen Interviews, denen ich mich in den letzten Tagen stellten musste und gerne gestellt habe, fragten die Medienvertreter immer wieder, ob wir denn in den deutsch-tschechischen Beziehungen heute Veränderungen feststellten und wenn ja, welche.

Aus der Sicht der Ackermann-Gemeinde konnte ich darauf aus tiefer Überzeugung und großer Anerkennung der Entwicklung auf der tschechischen Seite antworten. Ja, es haben gewaltige Veränderungen stattgefunden. Was heißt stattgefunden? Sie sind nicht vom Himmel gefallen. Eine große Zahl von Menschen und Institutionen guten Willens hat diese Veränderungen in mühsamer Arbeit herbeigeführt. Wir von der Ackermann-Gemeinde waren dabei stets an der vordersten Front beteiligt. Die historischen Belastungen spielen heute keine solche Rolle mehr, dass man befürchten müsste, sie könnten die aktive, zukunftsorientierte Zusammenarbeit in der mitteleuropäischen Nachbarschaft behindern oder gar verhindern. Was noch zu erledigen ist, wird erledigt werden, auch wenn es wahrscheinlich noch einige Jahre dauern wird. Die Mitwirkung dabei wird eine unserer Aufgaben bleiben. All dies lässt uns zuversichtlich in die Zukunft gehen. Wir haben von der intensiven Zusammenarbeit der Regierungen in der Zeit der tschechischen  Ratspräsidentschaft erfahren, wir haben in den Foren am Sonntag- und Montagnachmittag uns über die ganz konkreten Probleme und Bedürfnisse der Menschen in Westböhmen informieren lassen. Diese Impulse werden und sollen weiterwirken und in der Nacharbeit der Pilsener Tage vielleicht oder besser hoffentlich auch zu neuen Initiativen führen.

Wir haben hier auch spüren können, dass wir ein breites Netzwerk an befreundeten Persönlichkeiten und Institutionen besitzen, auf das wir vertrauen können, ein Netzwerk, das wir pflegen und immer enger knüpfen wollen, zum Wohl der Menschen zu beiden Seiten der staatlichen, kulturellen und mentalen Grenzen. Nachbarschaft ist keine triviale Selbstverständlichkeit des Ortes. Sie entwickelte sich in der Geschichte. Sie entwickelt sich auch heute und braucht eine Fülle menschlicher Kontakte, braucht ein Verständnis der Stärken des anderen, braucht ein Verständnis auch für die übergreifenden Aufgaben in Europa, ja in der globalen Weite. Mehrfach wurden genannt die Vertiefung des Lissabon-Prozesses, die Lösung der Balkanprobleme, die Erweiterung der EU und deren Grenzen, die gobale Herausforderung im Klimawandel, in der Neubalance der Mächte und ihrer Gesellschaftsmodelle. Europa mit seinem Beispiel einer friedlichen Konfliktbewältigung kann weltweit einen wichtigen Beitrag leisten, wenn wir als Bürger Skepsis, Vorbehalte und Unsicherheiten überwinden, die Komplexität europäischer Entscheidungswege begreifen und uns darin engagieren.

Wir haben uns weiter gefragt, was der spezifische Beitrag von Christen sein kann und stellten fest, dass man relativ leicht mit deklaratorischen Redeweisen hehre Formulierungen finden kann. Alle tun sich schwer, wenn man diese konkretisieren soll. Wir haben aber erkannt, daß wir einen Wertekanon brauchen, an dem wir uns bei unserem Reden und Tun orientieren können. Wir können dies in dem Bewusstsein tun, dass wir alle Gotteskinder und endliche, fehlerbehaftete Menschen sind, die Vergebung erbitten und Vergebung gewähren müssen. Bei der christlichen Frage, wer unser Nächster ist, sind wir gut beraten, wenn wir uns leiten lassen von der Klugheit, das Richtige zu entscheiden, und von Mut und Tapferkeit, das Richtige und Notwendige auch auszuführen.

Das Pilsener Treffen hat uns erneut gezeigt, daß unsere Nachbarschaft sich in einem täglich entwickelnden Prozess befindet, der Menschen braucht, die sich mit  Enthusiasmus und mit wohlbegründeten Überzeugungen engagieren, damit er in humanen Bahnen bleibt. Gemeinsam mit unseren tschechischen und slowakischen Freunden und Partnern werden wir uns dieser Aufgabe stellen. Dazu erbitten wir auch immer wieder Gottes Hilfe.

So danke ich hier unseren Priestern, unseren Bischöfen, dass sie mithelfen, in den Gottesdiensten und Predigten mit ihrer Deutung des Evangeliums Orientierung zu geben und Mut zuzusprechen, dass sie sich aber darüber hinaus in unseren gesellschaftspolitischen oder historischen Diskurs einmischen.

Ich danke am Ende auch Ihnen allen, dass Sie in so unerwartet großer Zahl gekommen sind. Ihre Präsenz in dem doch sehr dichten Programm, Ihre Disziplin im Ablauf, Ihr qualifiziertes Engagement in den Diskussionen haben hoffnungsfrohe Zeichen gesetzt, dass wir gemeinsam der Verantwortung gerecht werden wollen und gerecht werden können, die wir mit der Formulierung unserer Leitsätze übernommen haben.

Ich bitte Sie, die Tage von Pilsen nachwirken zu lassen, die vielfältigen Impulse aufzugreifen, nach Möglichkeiten der Umsetzung zu suchen und dies dann auch wirklich zu tun, individuell in dem Umfeld, in dem Sie leben, und im Rahmen der Diözesangemeinschaften der Ackermann-Gemeinde.

Auf Bundesebene bieten sich in der Vorschau auf das nächste Jahr einige Gelegenheiten. Ich möchte nicht versäumen, darauf hinzuweisen.

- Noch in 2009 werden in Deutschland und in der Tschechischen Republik eine Reihe von Feiern zur Wiedergewinnung der Freiheit, der Demokratie und der Überwindung der europäischen Teilung stattfinden. Wir werden sicher daran in der einen und anderen Form beteiligt sein.

Im Advent 2009 jährt sich zum 60. Mal das Datum der Eichstätter Erklärung. Gegen starke Widerstände hatten Hans Schütz und seine Mitarbeiter es geschafft, mit führenden Persönlichkeiten aus den Reihen der Sudetendeutschen eine Erklärung zu vereinbaren, die man getrost als die entscheidende Vorbereitung auf die ein Jahr später veröffentlichte Charta der Heimatvertriebenen betrachten kann. Wir laden herzlich ein, am 28. November 2009 nach Eichstätt zu kommen. Das Programm steht schon.

- Ende September besucht Papst Benedikt die Tschechische Republik. Ich nehme an, dass eine gehörige Zahl von uns Interesse hat daran teilzunehmen.

Das Brünner Symposium steht terminlich fest: es wird wieder am Palmsonntag-Wochenende stattfinden. Die inhaltliche Planung ist bereits in der Pipeline. Es ist eine Tagung vor allem für Multiplikatoren. Wir sind an immer neuen und natürlich auch jungen Teilnehmern sehr interessiert.

Im Mai 2010 werden katholische und protestantische Christen den 2. Ökumenischen Kirchentag in München begehen. Wir werden dort mit eigenen Aktionen vertreten sein. Ich  bitte schon heute um eine starke Beteiligung aus unseren Reihen.

Damit habe ich aber nur einige Highlights genannt.

Die Ackermann-Gemeinde sehe ich weiter als Ferment, als Enzym, als Katalysator in dem Prozess, die Nachbarschaftsentwicklung in der Mitte Europas voranzutreiben und positiv zu befördern. Wir sind gefordert, die Rädchen, an denen wir stehen, entschlossen weiterzudrehen.

Ich bitte Sie um den starken inneren Zusammenhalt unserer Gemeinschaft und um Ihre aktive Mitwirkung wo immer und so oft Sie können.

Dazu wünsche ich Ihnen Gottes Segen und die inspirierende Kraft seines Geistes."

Ullmann zieht eine positve Bilanz