Pithart erhält deutsch-tschechischen Kunstpreis

Der Vizepräsident des tschechischen Senats Dr. Petr Pithart wurde Mitte Oktober in Leipzig gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Petra Ernstberger mit dem Kunstpreis zur deutsch-tschechischen Verständigung 2010 ausgezeichnet. Der ehemalige Dissident und frühere tschechische Ministerpräsident (1990-1992) gehört als Vorsitzender der Bernard-Bolzano-Gesellschaft zu den engsten tschechischen Partnern der Ackermann-Gemeinde. Die Glückwünsche der katholischen Vereinigung überbrachte der Bundesgeschäftsführer Matthias Dörr.

Der Leipziger Historiker Dr. Frank Hadler würdigte in seiner Laudatio Pitharts „Kraft und Gabe, seine politische und kulturelle Umwelt kritisch zu reflektieren“. In der kommunistischen Zeit blieben ihm als Unterzeichner der Charta 77 und als Teil des „Reflexions-Dissens“ viele Möglichkeiten versperrt. In dieser Zeit und in seinem politischen Wirken nach der Wende habe er sich als „intellektuelle Politikerpersönlichkeit durch große Redlichkeit und Nachdenklichkeit ausgezeichnet.“ Pithart erinnerte in seiner Dankesrede an eine Erklärung der Dissidenten der Charta 77 aus dem Jahr 1985, in der es hieß, dass die Einigung Europas ohne die Einigung Deutschlands nicht denkbar sei. Bereits in der Zeit direkt nach dem November 1989 kam er als Vertreter des Bürgerforums mit deutschen Christen in Kontakt und organisierte im Frühjahr 1990 ein erstes Treffen tschechischer und deutscher Christen. 1991 besuchte Pithart als Vorsitzender der tschechischen Regierung Bayern. Pithart betonte, dieser Besuch sei ohne Bedingungen erfolgt. Er bedauerte, dass dieser entgegenkommende Schritt leider bis heute nicht erwidert worden sei. Die positive Entwicklung der Auseinandersetzung über die Vergangenheit würdigte der Preisträger. „Es geht nicht mehr um zwei parallele Monologe, welche sich in starken Worten und Bewertungen übertrumpfen, sondern um ein ständig aufrichtigeres Interesse, die Vergangenheit und Gegenwart auch mit den Augen des Anderen zu sehen“. In diesem Zusammenhang schlug Pithart den Regisseur Juraji Hertz für den Kunstpreis im kommenden Jahr vor. Dieser hatte am eigene Leib die NS- Konzentrationslager erleben müssen und bringt nun mit seinem aktuellen Kinofilm Habermanns Mühle die Vertreibung der Deutschen auf die Leinwand.

Neben dem Leipziger Oberbürgermeister wandte sich bei der der feierlichen Preisverleihung in der historischen Handelsbörse auch der tschechische Botschafter Dr. Rudolf Jindrák mit einem Grußwort an die geladenen Gäste. Die Laudatio auf die deutsche Preisträgerin hielt der langjährige tschechische ČSSD-Abgeordnete Vladimír Laštůvka. Die SPD-Politikerin aus Marktredwitz war viele Jahre Vorsitzende der deutsch-tschechischen Parlamentariergruppe und gehört dem Beirat des deutsch-tschechischen Gesprächsforums an. Ferner engagiert sie sich für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Euregio Egrensis und als Schirmherrin des deutsch-tschechischen Jugendforums.

Der erstmals 1994 verliehene Kunstpreis wird ab 2010 gemeinsam vom Adalbert-Stifter-Verein (München), der Brücke-Most-Stiftung (Dresden), dem Collegium Bohemicum (Ústí nad Labem/Aussig), dem Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren, dem Internationalen Kunstverein Pro arte vivendi (Berlin) und der Union für gute Nachbarschaft tschechisch- und deutschsprachiger Länder (Prag) vergeben. Die Auszeichnung ist mit keiner finanziellen Anerkennung verbunden, sondern besteht in der Widmung eines Kunstwerks. Der tschechische Preisträger Pithart erhielt ein Bild mit dem Titel „Böhmerwald/Šumava“ der deutschen Künstlerin Katharina Dietlinger. Der Brünner Maler Pavel Brázda stiftete sein Werk „Schuhe, die die Geschichte klauten, und ihr Dirigent“ für die Preisträgerin Petra Ernstberger.

Text: ag, Foto: Dr. Wolfgang Schwarz 

 

Als Download finden Sie hier die Laudation von Dr. Frank Hadler (Leipzig) auf Dr. Petr Pithart sowie die Dankesrede von Dr. Petr Pithart (in tschechischer Sprache).

Pithart (2.v.l.) erhält das Bild Šumava/Böhmerwald