Themenzoom zur Unvereinbarkeit von extremen politischen Positionen und christlichem Handeln
Die deutschen Bischöfe haben sich kürzlich eindeutig und unmissverständlich zum Umgang vor allem mit der rechtsextreme AfD positioniert – auch vor dem Hintergrund der heuer stattfindenden Wahlen. Wie sich kirchliche Vereine, Gruppen und Verbände bei diesem Sachverhalt verhalten können (oder sollen), darüber sprach der Münsteraner Kirchenrechtsprofessor Thomas Schüller beim jüngsten Themenzoom der Ackermann-Gemeinde. Zahlreiche Interessenten waren an 51 PCs zugeschaltet.
„Was heißt es für unsere Demokratie, wenn eine rechte politische Kraft – die AfD – sehr stark ist und andere Parteien herausfordert? Wie gehen wir damit um?“ Diese Fragen stellte einleitend Moderator Rainer Karlitschek mit Verweis auf das Positionspapier der deutschen Bischöfe zu dieser Thematik. Er verheimlichte auch nicht, dass sich der Referent des Abends und der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Albert-Peter Rethmann schon lange kennen und so schnell der Kontakt hergestellt werden konnte. Denn Schüller befasst sich aus einer anderen Blickrichtung ebenfalls mit diesem Sujet.
Natürlich sei ihm die Ackermann-Gemeinde und deren Arbeit vertraut, bekannte Schüller und berichtete – zum Vortrag überleitend – von an ihn gerichteten „zum Teil schlimmen Mails von Fake-Adressen. Das zeigt den Grund, warum die Bischöfe besorgt sind“, führte er aus. Aufgrund jüdischer Vorfahren in früheren Generationen mütterlicherseits hat er zudem einen besonderen Bezug zu dieser Materie. „Der Großteil ist im KZ umgekommen, deshalb setze ich mich gegen solche Ideologien und Fremdenfeindlichkeit ein“, erläuterte er. Positiv findet der Kirchenrechtler, dass alle Bischöfe – auch die Weihbischöfe – „auf diese Position gegen einen völkischen Nationalismus eingeschwenkt sind“, wenngleich es sich bei der Verlautbarung um keinen Rechtstext, sondern um „eine politische Erklärung“ handle, die aber durchaus „politisches Gewicht“ habe. Und seiner Ansicht nach habe die Stellungnahme der Bischöfe die AfD auch getroffen, da viele Medien darüber berichtet haben und auch die Evangelische Kirche dies dann aufgegriffen hat.
Für die Ebene der Pfarreien, Dekanate sowie der kirchlichen Gruppen, Vereine und Verbände nannte Schüller die seit dem 1. Januar 2023 gültige neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes. Hier sind arbeitsrechtliche Sanktionen etwa bei fremdenfeindlichen Aktionen, Diskriminierung und antisemitischen Verhalten fixiert. Konkretere Ausführungen im Hinblick auf Pfarrgemeinderäte haben inzwischen das Bistum Würzung und auch das Erzbistum Berlin erarbeitet – bis hin zum Entzug des Mandats bei einem entsprechenden Verhalten. Bei Vereinen und Verbänden gilt die Verbandsautonomie, Regelungen (auch zur Aufnahme und zum Ausschluss von Mitgliedern) erfolgen über die Satzung.
Häufiger sei in letzter Zeit, so Schüller, der Aspekt der Unvereinbarkeit erwähnt worden. Dieser werde in den meisten Fällen durch das „faktische Verhalten von Personen, zum Beispiel durch rassistische Äußerungen“ deutlich. Ein Kriterium für den Ausschluss oder die Nicht-Aufnahme sei damit gegeben – laut Satzung meist „vereinsschädigendes Verhalten“. Eine Zugehörigkeit zu einer Partei muss beim Eintritt in einen Verein oder Verband nicht genannt werden. Schüller plädierte zwar für Freiheit bei der Entscheidung des Verbandes, riet aber auch, über entsprechende Satzungsänderungen nachzudenken.
Bei den Diskussionsbeiträgen ging es um die unterschiedlichen Notwendigkeiten bei katholischen Vereinen, Verbänden und Gruppen zum Handeln. Es wurde aber auch darauf hingewiesen, dass beide politischen Extreme – rechts und links – in diesem Kontext zu benennen sind, eventuell auch Strömungen bei anderen Parteien. Einige Jugend- bzw. Sozialverbände seien bereits von sich aus „pro-aktiv“ geworden und hätten ihren Satzungen entsprechend geändert bzw. erweitert. Schüller bedauerte, dass es keine eigene kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt und daher eventuelle Klagen in den weltlichen Gremien verhandelt werden.
„Den Bischöfen war es ein Anliegen, ihre Position zu Papier zu bringen. Es war ihnen ein Anliegen, damit deutlich zu sagen, dass extreme Positionen nicht mit dem christlichen Menschenbild zusammenpassen. Vor allem wankelmütige Katholiken sollen nachdenklich gestimmt werden“, fasste Thomas Schüller abschließend zusammen. Und Moderator Rainer Karlitschek sprach von einem „Akt der Sensibilisierung und Wachsamkeit“.
Markus Bauer (Text und Fotos)