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Tschechische Sprache und böhmische Kultur

Zum 25. Mal haben sich im vergangenen August Freunde der tschechischen Sprache und Kultur in Aussig/Ústí n.L. zu den COLLOQUIA USTENSIA des Insitutum Bohmeicum der Ackermann-Gemeinde getroffen. Zu diesem Jubiläum hatten sich die tschechischen Partner und Gastgeber Kristina Kaiserová und Martin Veselý etwas ganz besonderes ausgedacht. Jedem Teilnehmer überreichten sie einen Wandkalender mit Bildern des Aussiger Landschaftsmalers Ernst Gustav Doerell, die gerade in einer Sonderausstellung im Aussiger Stadtmuseum gezeigt werden. Diese Ausstellung wurde natürlich auch besucht, und Stadtarchivar Vladimír Kaiser hatte in einem Vortrag das nötige Hintergrundwissen vermittelt.

Dem Ackermann-Urgestein Prof. Karl-Heinz Plattig ist es zu verdanken, dass das Projekt der 14-tägigen Sommerakademie vor einem Vierteljahrhundert aus der Taufe gehoben worden ist. Der aus Bilin/Bílina stammende Mediziner hatte nach der Wende bei der Gründung der Aussiger Universität kräftig mitgeholfen und zusammen mit den tschechischen Partnern die damals auf seine Initiative hin entstandenen COLLOQUIA USTENSIA 15 Jahre lang selbst organisiert, bevor er die Verantwortung an Ursula und Christoph Lippert weitergab, die auch beide in der Ackermann-Gemeinde tief verwurzelt sind.

Auch 25 Jahre nach dem Start ist das Projekt quicklebendig. Wieder waren 46 Teilnehmer gekommen, um das zweiwöchige Programm mit zu erleben. Sieben Neulinge darunter haben erstmals die 14 Tage für den Kurs investiert und sind – ganz in der Tradition von Karl-Heinz Plattig – herzlich aufgenommen und integriert worden. In fünf nach Vorkenntnissen gestaffelten Lerngruppen wurde vormittags Tschechisch gepaukt. Zum Lernen war danach meistens keine Zeit, weil nachmittags Ausflüge, und abends Vorträge auf dem Programm standen.

Der gute Ruf der Ackermann-Gemeinde in Tschechien öffnete beim traditionellen Ganztagesausflug nach Rakovník ganz selbstverständlich die Türen zur Besichtigung der dortigen St.-Bartholomäus-Kirche. Hausherr Pater Vojtěch Novák bedankte sich mit bewegenden Worten für die engagierte Unterstützung, die die tschechische Kirche insbesondere in der schweren Zeit der kommunistischen Unterdrückung von den sudetendeutschen Katholiken der Ackermann-Gemeinde erhalten hatte und auch weiterhin erhält. Er ließ es sich nicht nehmen, den Besuchern persönlich die Besonderheiten seines Gotteshauses zu erläutern, und nahm auch ausführlich Stellung zu Fragen nach der aktuellen Situation der Kirche in der tschechischen Gesellschaft.

Von Rakovník aus führte Gastgeber Martin Veselý die Besuchergruppe weiter zum Dorf Lány, wo der erste tschechoslowakische Staatspräsident Tomáš Garrigue Masaryk begraben ist und ein Museum an ihn erinnert. Das ehemalige Fürstenberg’sche Schloß ist schon seit den frühen 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts Sommerresidenz der tschechischen Staatspräsidenten. Die Fahne auf dem Dach des Schlosses wie auch die Soldaten zur Bewachung deuteten darauf hin, dass der amtierende Staatspräsident gerade anwesend war.

Weitere Exkursionen führten die deutschen und österreichischen Gäste nach Leutensdorf /Litvínov, Böhmisch Kamnitz/Česká Kamenice, Dux/Duchov und Teplitz/Teplice. Überall sind die eindrucksvollen Zeugnisse der reichen Kultur früherer Jahrhunderte und die Fortschritte bei Erhaltung und Renovierung unübersehbar. Über die Geschichte der Personenschifffahrt auf der Elbe informierte eine methodisch ausgezeichnet gestaltete Ausstellung im Aussiger Stadtmuseum.

Aufschlussreiche Filmvorführungen und Abendvorträge rundeten das Programm ab. So erfuhren die Teilnehmer vom Aussiger Historiker Tomáš Okurka interessante Details über die Industrie- und Gewerbeausstellung Reichenberg 1906. Die deutsch-nationalistische Ausrichtung veranlasste den damaligen Thronfolger Franz Ferdinand, die Schirmherrschaft dieser Ausstellung abzulehnen. Die Gemeinsamkeit der Deutschen und Tschechen in Böhmen betonte dagegen der renommierte Musik-Experte Josef Šebesta in seinem mit zahlreichen Hörproben angereicherten Vortrag über den Komponisten Julius Fučík. Fučík war der bekannteste der zahlreichen böhmischen Militärkapellmeister, die zwischen 1878 und 1914 das kulturelle Leben im damals neu annektierten Bosnien-Herzegowina entscheidend mit prägten. „Es spielte keine Rolle, ob sie deutsch oder tschechisch sprachen. Sie brachten die böhmische Musik mit, und darauf kam es an“, erläuterte Šebesta.

Mit einem zünftigen Abschlussabend, an dessen Programm sich viele Teilnehmer mit eigenen Beiträgen beteiligten, ging der Kurs zu Ende. Christoph Lippert gab schon die Anschluss-Termine bekannt. Ein Zwischentreffen ist geplant am 31. März bis 2. April 2017 in Salzburg, und die nächsten COLLOQUIA USTENSIA sind für den 13. Bis 26. August 2017 geplant.

Christoph Lippert

Fleißige Tschechisch-Lerner und interessierte Freunde der böhmischen Kultur.