„Versöhnung war und ist Anton Ottes zentrales Thema“

Kanonikus Monsignore Anton Otte erhielt im Rahmen einer Feierstunde am 18. Juni in Prachatitz/Prachatice die Versöhnungsmedaille der Ackermann-Gemeinde.

Neben der Wallfahrt zum 200. Geburtstag des Heiligen Johann Nepomuk Neumann stand am Samstag nach Pfingsten eine weitere wichtige Veranstaltung in Prachatitz/Prachatice auf dem Programm: Die Ackermann-Gemeinde verlieh ihre „Versöhnungsmedaille“ an ihren langjährigen Geistlichen Beirat und Leiter der Prager Arbeitsstelle Kanonikus Monsignore Anton Otte. Damit würdigte der katholische Verband Ottes Verdienste um Versöhnung, Verständigung und Nachbarschaft zwischen (Sudeten)Deutschen und Tschechen.

Auf die Herkunft Johann Nepomuk Neumanns aus Prachatitz und dessen Abstammung ging Prachatitz' Bürgermeister Martin Malý in seiner Begrüßung ein. „Es ist symbolisch, dass Sie mit der Ackermann-Gemeinde hier sind, die seit Jahrzehnten die Versöhnung zwischen Deutschen und Tschechen praktiziert“, freute sich Malý und verwies auf die Städtepartnerschaften mit zwei deutschen und einer österreichischen Stadt. Positiv bewertete er die Kooperation von Stadt und Kirche. Mit der Gratulation an Otte meinte der Bürgermeister, dass dieser Tag ein „neuer Meilenstein im Zusammenleben von Deutschen und Tschechen“ sei.

Besonders die bisherigen Träger der „Versöhnungsmedaille der Ackermann-Gemeinde im Gedenken an Hans Schütz“, den emeritierten Prager Kardinal Miloslav Vlk und den Pilsener Bischof František Radkovský, konnte Dorothea Schroth, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde, unter den zahlreichen Gästen willkommen heißen. Ihr Gruß galt aber auch einer Vielzahl von Bischöfen, Geistlichen sowie Vertretern diverser Einrichtungen. „Sie zeigen mit Ihrer Anwesenheit die Verbundenheit mit dem Geehrten, der in seinen Tätigkeiten viele Verbindungen geknüpft und Netzwerke geschaffen hat - nicht nur innerhalb der Kirche, sondern auch in die Gesellschaft. Toni Otte ist in beiden Kulturen beheimatet und hat so einen Ausgleich zwischen Deutschen und Tschechen geschaffen. Wir sind stolz und dankbar, dich in unseren Reihen zu haben“, würdigte Schroth den neuen Medaillenträger. Parallelen in den Viten des Heiligen Johann Nepomuk Neumann und Anton Ottes zeigte Minister a.D. Jaromír Talíř, der Vorsitzende der Sdruženi Ackermann-Gemeinde, auf. „Beide verlebten die Jugend in deutscher Umgebung und in schweren Zeiten. Beide hatten einen harten Weg, Priester zu werden. Sie mussten ihre Heimat verlassen, um die Priesterweihe zu empfangen. Beide haben den Bedürftigen geholfen und den Menschen gedient“, stellte Talíř fest und sprach von einer „vorbildlichen Lebenseinstellung“ Anton Ottes. „Trotz aller Schicksalsschläge hat er sich nicht von seiner Heimat abgewandt, sondern intensiv an der deutsch-tschechischen Aussöhnung gearbeitet“, fasste der Vorsitzende zusammen.

Die Würdigung in den Grußworten vertiefte der Laudator Erzbischof Monsignore Dominik Duka, der Vorsitzende der Tschechischen Bischofskonferenz. „Anton Otte ist einer von den böhmisch-mährisch-schlesischen Gestalten alten Formats und nicht mehr wegzudenken, obwohl er viele Jahre weg war. Er gehört zu der Generation, welche die geschichtlichen Ereignisse und deren Folgen zutiefst und schmerzlich getroffen haben. Aber er sieht die Versöhnung als den einzigen Ausweg für eine unbelastete Zukunft“, konstatierte der Laudator zu Beginn seines Vortrags. Erzbischof Duka verwies auf Traumata bezüglich der Ereignisse zwischen 1938 und 1948, aber auch auf die Erfahrungen Ottes in der Arbeit mit Aussiedlern und Strafgefangenen. „Versöhnung war und ist Anton Ottes zentrales Thema“, brachte es der Erzbischof auf den Punkt und nannte Grundelemente der Versöhnung auf der Basis der Bergpredigt Jesu. Demnach müsse der Verletzte den Versöhnungsprozess einleiten, „das Opfer muss begreifen, dass der Täter schlimmer dran ist. Versöhnung ist eine hohe Anforderung und fordert einen hohen Preis“, verdeutlichte Duka und gab daher zu bedenken, dass zur Versöhnung meist viele Schritte nötig sind. „Wir Christen sollen getrieben sein von der Leidenschaft nach Versöhnung und Frieden“, wandte sich der Laudator an die Festgäste und verwies in diesem Kontext an das Feiern der Eucharistie und das Gebet. Seit den 60er Jahren habe dies Anton Otte mit den aus den böhmischen Ländern stammenden Deutschen praktiziert, und seit 1991 als Leiter der Arbeitsstelle der Ackermann-Gemeinde in Prag auch für die am Boden gelegene Kirche in Tschechien. „Unermüdlich war und ist sein Engagement für die pastoralen Aufgaben, für die Kirche in einer pluralistischen Gesellschaft in Tschechien“, meinte der Erzbischof und verwies auf viele von Otte vorbereitete Symposien sowie auf Vorträge, auf Wallfahrten und von Otte mitunterstützte Kirchenrenovierungen. Damit habe er gleichermaßen zum Aufbau der demokratischen Gesellschaft in Tschechien und der Slowakei wie auch des kirchlichen Lebens beigetragen. Zudem würdigte Duka Ottes Einsatz für die Deutschen in der Tschechischen Republik. „Anton Otte war und ist ein gern gesehener Gesprächspartner in Fragen der Nachbarschaft von Deutschen und Tschechen“, führte Duka als weiteren wichtigen Punkt an. Daher habe Otte bereits viele Auszeichnungen in Deutschland und Tschechien seitens der Staaten und der Kirche erhalten. „Das Kreuz des Versöhnungsprozesses kann man nicht ohne den praktizierten Glauben tragen“, beendete Erzbischof Duka seine Laudatio, gratulierte Otte zu der neuen hohen Ehrung und dankte ihm für die „segensreiche Tätigkeit, aus der die tschechische Kirche und die Bewohner Tschechiens einen großen Nutzen ziehen können“.

Als wichtige Basis für sein Wirken und damit auch für die Auszeichnung sah Anton Otte in seinen Dankesworten die starke Rückendeckung, Annahme und Gemeinschaft in der Ackermann-Gemeinde, der Sdruženi Ackermann-Gemeinde, der Christlichen Akademie und in der Bernard-Bolzano-Gesellschaft. Aber auch im Königlichen Kollegiatskapitel am Vyšehrad in Prag, wo Otte Dekan ist, in der Kommission „Justitia et pax“ sowie in den Heimatkreisen. „Die Medaille ist auch ein Spiegel dafür, was diese Gemeinschaften alles tun“, gab Otte symbolisch die Auszeichnung weiter. Als Hauptmotiv sehe er jedoch seine zweifache Liebe, was er in bewegenden Worte ausführte. Zum einen zu seinem Vater, der vor 65 Jahren von einem tschechischen Gericht zum Tode verurteilt wurde. Zum anderen die Liebe zu den Tschechen, die von Kindheit an (Schule, Ordensschwestern, Priester) und über das tschechische Exil in Deutschland gewachsen ist. Anhand von Texten Vaclav Havels und Bernard Bolzanos drückte er seine optimistische Stimmung für die Zukunft von Deutschen und Tschechen aus.

Der Geistliche Beirat der Ackermann-Gemeinde, Prof. Dr. Albert-Peter Rethmann, sprach in seinem Schlusswort den Dank des Verbandes aus und machte darauf aufmerksam, dass Anton Otte auch wesentlich zum Profil der Ackermann-Gemeinde als europäischer Verband beigetragen hat. Zudem sei die Verleihung ein deutliches Zeichen nach außen, dass „ein Mensch, der ein Mann einer großen Liebe ist“, diese Ehrung erhalten hat. Und in den Verband hinein wirke die Verleihung dahingehend, dass Ottes Arbeit und Leben ein Auftrag sind, in diesem Sinne weiterzumachen – als Christen in Zentraleuropa! Die Feierstunde umrahmten Stephanie Kocher (Viola) und Ira Ullmann (Klavier) mit der „Sonatine in G-Dur, op. 100 für Viola und Klavier von Antonin Dvořák.

Markus Bauer/ag

Anton Otte (Mitte) mit der Versöhungsmedaille.