„Wir bleiben Europäer und Christen in Europa!“
Martin Kastler wurde als Bundesvorsitzender der Ackermann-Gemeinde verabschiedet
Einen nicht alltäglichen Wechsel im Amt des Bundesvorsitzenden gab es Mitte Oktober bei der Ackermann-Gemeinde: nach zwölf Jahren in dieser Funktion trat der frühere Europaabgeordnete Martin Kastler, nicht mehr für die Führungsfunktion bei der Ackermann-Gemeinde an. Sein Nachfolger Dr. Albert-Peter Rethmann wurde übrigens ebenfalls bei der Hauptversammlung 2010 in das weitere Leitungsamt des Geistlichen Beirats gewählt, das er nach seinem Wechsel in den Laienstatus zurückgab.
„Nach reiflicher Überlegung und intensiven Gesprächen mit meiner Familie habe ich bei unserer letzten Bundesvorstandssitzung Ende Juni diesen Jahres unserem aktuellen Bundesvorstand mitgeteilt, dass ich nicht mehr für das Amt des Bundesvorsitzenden der Ackermann-Gemeinde zur Verfügung stehen werde.“ Mit diesen Worten hatte sich Kastler im Vorfeld per Rundschreiben an die Delegierten der Hauptversammlung gewandt.
In seinem Rückblick bei der Versammlung selbst sprach er von „zwölf sehr spannenden Jahren mit vielen Highlights“. Auf Vorschlag des früheren Bundesvorsitzenden Dr. Walter Rzepka gehörte Kastler seit 2004 dem Bundesvorstand der Ackermann-Gemeinde an, so dass er insgesamt 18 Jahre die Arbeit des Verbandes auf Bundesebene begleitet und mitgestaltet hat. Unvergessen bleiben für ihn die Bundestreffen der Ackermann-Gemeinde in Tschechien (Pilsen 2009, Budweis 2015) sowie das Treffen in Bautzen (2012) und die deutsch-tschechischen Begegnungstage (neue Bezeichnung) in Landshut (2019). Weitere Höhepunkte waren für ihn die Wallfahrt nach Rom im Jahr 2016 und das Picknick auf dem Vyšehrad im August 2021. Diese und viele weitere Veranstaltungen und Aktionen hätten, so Kastler, zur „Verwurzelung der Ackermann-Gemeinde innerhalb des kirchlichen Geflechts“ beigetragen.
„Es war mir stets eine Ehre und Freude, als Nachfolger von Adolf Ullmann die Geschicke unserer Gemeinschaft so lange mitzuprägen. Wir haben gemeinsam viel geschafft, viele Meilensteine erreicht und sind gut aufgestellt, bestens vernetzt – gesellschaftlich wie kirchlich. Allen Weggefährten und Geschwistern im Glauben in Deutschland wie in Tschechien, in der Ackermann-Gemeinde, der Sdružení Ackermann-Gemeinde und anderen befreundeten Verbänden danke ich für die freundschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit!“, sprach er im Rundschreiben seinen Dank aus. Auch ging er auf die aktuellen Zeitumstände ein. „Es herrscht mitten in Europa wieder Krieg, und der Dialog über unsere Freiheit, Demokratie und Europa wird jetzt umso nötiger. Unser Auftrag als Ackermann-Gemeinde bleibt aktuell: als Christen in Europa wollen wir uns aktiv in die Gesellschaft einbringen, für Frieden und Versöhnung streiten. Jeder an seinem Ort und mit seinem Talent.“
Ausführliche und sehr persönliche Dankesworte richtete für die Ackermann-Gemeinde die Bundesgeschäftsführerin Marie Smolková an Martin Kastler. „Wir erleben heute einen ganz besonderen Tag – einen Tag, der in die Geschichte unserer Ackermann-Gemeinde eingehen wird. (…) Seit mehr als zwölf Jahren gestaltest Du die inhaltliche Arbeit unserer Gemeinschaft. Damals hast Du gemeinsam mit Dr. Albert-Peter Rethmann einen Weg der Erneuerung eingeschlagen“, erinnerte sie an die Jahre 2010/2011. Damals ging es darum, „wie ein Vertriebenen-Verband zu einem Verband in der katholischen Kirche mit dem Schwerpunkt ‚Christsein in Europa‘ wird“, konkretisierte Smolková. Und sie nannte weitere von Kastler initiierte Veranstaltungen und Aktionen: die Einführung des Europäischen Essaywettbewerbs im Rahmen des Brünner Symposiums, neue und offene Formate bei den Bundestreffen (Sternfahrt, Europa-Puzzle, bayerisch-böhmische Kulturnacht usw.). All diese Initiativen seien ein Beweis dafür gewesen, „dass der Reifungsprozess unserer Gemeinschaft dank Deiner Ideen und politischen Standpunkte unsere Gemeinschaft weitergebracht hat. Besonders wichtig war Dir immer der erweiterte Blick eines friedlichen Miteinanders in Europa. Das zeigt sich deutlich in dem im Februar 2016 formulierten Leitziel ‚Unser Miteinander stärkt das europäische Denken‘“. Die Bundesgeschäftsführerin bemerkte auch, dass die Mitglieder des Bundesvorstands nicht mit Kastlers Entscheidung, das Amt des Bundesvorsitzenden abzugeben, gerechnet hatten. „Du bist eine wichtige Säule im Prozess der Erneuerung und Weiterentwicklung unserer Gemeinschaft durch Deine Erfahrungen und Perspektiven, Ideen, politischen Kontakte – aber auch durch Deinen Blick über den Tellerrand hinaus. (…) Du hast unsere Gemeinschaft durch diese Reifephase begleitet. (…) Für all das sind wir Dir von ganzem Herzen dankbar. Wir hoffen aber auch, wie Du versprochen hast, auf Deine weitere Unterstützung, auch wenn es auf einer anderen Ebene und in einer anderen Rolle sein wird.“
Als Abschiedsgeschenk überreichte Smolková an Kastler ein hölzernes Schneidebrettchen (auch die bisherigen Vorstandsmitglieder erhielten ein solches) und einen Picknickkorb. Diesen füllten danach die Vorstandsmitglieder mit Gegenständen aus ihrer Region bzw. mit Utensilien, die an einzelne Begebenheiten und Anekdoten mit Kastler erinnerten.
„Die Erinnerungen bleiben“, äußerte sich Kastler zu den zahlreichen Geschenken und erwähnte den Tod seiner Mutter einige Tage zuvor, die Wurzeln in Böhmen hatte. Er sagte zu, auf Diözesanebene weiterhin aktiv zu bleiben und am Symposium in Brünn weiter teilzunehmen. „Wir bleiben Europäer und Christen in Europa!“, fasste Kastler abschließend zusammen.
Markus Bauer