„ Wir Christen können Salz und Sauerteig für unseren Kontinent sein!“

Die deutsch-tschechischen Begegnungstage in Landshut waren auch geprägt durch Gottesdienste. An allen vier Tagen gab es entsprechende Angebote mit wechselnden Themen und Zelebranten.

Es ist bereits eine gute Tradition, dass die Begegnungstage mit einer feierlichen Veper beginnen. In der Stiftsbasilika St. Martin begrüßte der Geistliche Beirat der Sdružení Ackermann-Gemeinde, Monsignore Adolf Pintíř, und freut sich: „Es ist eine Ehre, dass wir daran beteiligt sind.“ Er meinte zudem, dass man nicht nur auf 30 Jahre seit der Samtenen Revolution zurückblicken sollte, sondern „auch auf die Zeit der Vertreibung“, um daraus Lehren für die Zukunft in Europa zu ziehen. Die Predigt oblag dem Geistlichen Beirat der Ackermann-Gemeinde Monsignore Dieter Olbrich. Ausgehend von Gesprächen mit Schülern am Gymnasium in Schäftlarn zur Frage „Ist die Kirche überhaupt noch zu retten“ bzw. zu dem Gesichtspunkt, was die Kirche attraktiv machen könne, meinte Msgr. Olbrich, dass die Kirche intellektuell, sozial und politisch sein müsse. „Die Begegnungstage in Landshut orientieren sich an diesen Aspekten“, fasste der Geistliche Beirat zusammen. Zum Gottesdienstthema „Singt ein neues Lied“ wurde eine entsprechend gestaltete Kerze zum Altar gebracht und entzündet. Ferner verteilten Vertreter der Ackermann-Gemeinde und der Sdružení Ackermann-Gemeinde an die Gottesdienstteilnehmer als Zeichen der Aussendung kleine Zettel mit biblischen Versen. Die musikalische Gestaltung der Eröffnungsvesper oblag dem Chor der deutsch-tschechischen Kulturwoche „Rohrer Sommer“ mit Irina Ullmann an der Orgel und unter der Leitung von Stephanie Kocher. Sie brachten unter anderem eine Psalmvertonung von Antonín Dvořák zur Aufführung.

Der zweite Gottesdienst war eine Heilige Messe in der Dominikanerkirche zum Thema „Ich habe Euch erwählt“. Hauptzelebrant war der Erfurter Weihbischof Dr. Reinhard Hauke, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge. Die musikalische Gestaltung oblag den beiden Jugendverbänden, der Jungen Aktion der Ackermann-Gemeinde und Spirála der Sdružení Ackermann-Gemeinde. Weihbischof Hauke machte in seiner Predigt zunächst deutlich, dass durch Wahlen in der Regel etwas vorangebracht werden soll. Bei der (Aus)Wahl des Menschen durch Gott gehe es jedoch vor allem um die Liebe zu Gott, zum Nächsten, ja sogar gegenüber dem Feind – eben um Mitmenschlichkeit. Exemplarisch nannte der Weihbischof das Lebensopfer von Pater Maximilian Kolbe, der den Familienvater, für den er in den Tod ging, gar nicht kannte. „Auch Taten für Versöhnung zwischen Völkern und für den Frieden“ seien in dem Kontext zu sehen. „Die Tage in Landshut sind ein sichtbares Zeichen, dass Christen zu einem Miteinander finden, wenn andere den Kopf schütteln“, so der Weihbischof. Wichtig sei das Vorangehen. Neben der zweiten Kerze wurden auch von Jugendlichen erstellte Collagen zum Altar getragen, in denen unter anderem Mut, Zuversicht oder auch Sehnsüchte ausgedrückt und dargestellt wurden.

Die Abtei Seligenthal war Ort der Heiligen Messe am Samstagmorgen zum Thema „Auf Dein Wort hin“ mit dem Abt des Prämonstratenserstiftes Tepl Filip Zdeněk Lobkowicz. Für die musikalische Gestaltung sorgten Christine Fürbuß (Orgel) und Kantor Dr. Norbert Burger. Abt Lobkowicz erinnerte in seiner Predigt an den früheren Erzbischof von Prag Kardinal František Tomášek, dessen 120. Geburtstag am 30. Juni gedacht wurde und der vor 27 Jahren starb. „Auf Dein Wort hin“ war auch Tomášeks Spruch als Bischof. „Er hat seinen Dienst nach seinen Möglichkeiten ausgeübt, Gläubige besucht und zum Glauben ermutigt, Hoffnung gebracht durch seinen Gottesglauben. Nicht wir Menschen allein sind wichtig – wichtig ist Gottes Segen. Darum sollen wir jeden Tag beten, ohne Gottes Segen gibt es nichts. Gottes Wort ist immer da, hören wir darauf. Sein Wort soll uns begleiten, dann müssen wir keine Angst haben“, ermunterte der Abt. Die Kollekte des Gottesdienstes  in Höhe von fast 600 Euro war für den Erhalt der Wallfahrtskirche Maria Stock/Skoky in Westböhmen.

Beim Abschlussgottesdienst am Sonntagvormittag in der Stiftsbasilika St. Martin war Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg, Bischofsvikar für die Seelsorgeregion München des Erzbistums München-Freising, der Hauptzelebrant. Die Eucharistiefeier stand unter dem Thema „Nach seinem Bild erneuert“. In seiner Begrüßung nahm der Weihbischof den Aspekt der Begegnung auf und erweiterte ihn um die Begegnung mit Gott bzw. Jesus Christus im Gottesdienst. „Für mich war das Jahr 1989 ein Jahr der Hoffnung und des Aufbruchs“, blickte er in seiner Predigt zurück. Da der Vater des Weihbischofs aus den neuen Bundesländern stammte, war die Heimat nun wieder erreichbar. „Europa sieht jetzt anders aus“, bewertete der Weihbischof die Situation von 2019. Die Hoffnung von 1989 auf ein friedliches Europa, das in eine friedliche Welt eingebettet ist, habe sich scheinbar als „trügerische Hoffnung“ erwiesen. Mit Blick auf die Heimatvertriebenen am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg meinte der Geistliche, dass diese mit ihrem christlichen Weltbild bzw. den christlichen Wurzeln in die neue Heimat gekommen seien. „Das war viel substantieller als aller Besitz, die Basis für den Neubeginn und den Wiederaufbau der Gesellschaft“, erklärte der Weihbischof. 1989/90 sei es entscheidend gewesen, „mit ausgestreckten Händen auf den Anderen zuzugehen. So kann Friede miteinander gelingen“, blickte er zurück. Nun, 2019, habe ein anderes Gedankengut in Europa Einzug gehalten - geprägt von Kräften, „bei denen das christliche Weltbild in den Hintergrund rückt, ja negiert wird. Die europäische Einigung stockt“, so der Weihbischof. Er hofft und wünscht, dass das Tagungsmotto „Mut zur Zukunft“ sich nicht als Durchhalteparole entpuppe, sondern Motivation zu neuem Handeln sei. „Solange es Christen gibt, besteht Hoffnung. Europa braucht uns als Christen. Wir haben Inhalte, die zur Hoffnung beitragen. Wir Christen können Salz und Sauerteig für unseren Kontinent sein. Werden wir nicht müde, eine Gesellschaft aus dem Verständnis des Evangeliums heraus aufzubauen“, motivierte Weihbischof Stolberg.

Zur Gabenbereitung wurde die vierte Themenkerze entzündet, außerdem brachten Kinder der deutsch-tschechischen Kinder- und Jugendbegegnung „Plasto Fantasto“ und Jugendliche der deutsch-tschechischen Jugendbegegnung Collagen zum Altar. Die musikalische Gestaltung oblag dem Chor und Orchester des Rohrer Sommers, wobei Stephanie Kocher den Chor leitete, Simon Ullmann das Orchester dirigierte und Irina Ullmann die Orgel spielte. Zur Aufführung gelangte unter anderem die „Missa brevis in F-Dur op. 21“ von Zdeněk Fibich. Die Kollekte ging zugunsten des Baus der neuen Kirche im Brünner Stadtteil Lesná, die der Seligen Schwester Restituta Kafka gewidmet ist.

Markus Bauer

Zahlreiche Priester aus der Ackermann-Gemeinde konzelbrierten beim Pontifikalamt mit Weihbischof Rupert Graf Stolberg.
Die Junge Aktion gestaltete die Messe in der Dominikanerkirche mit Weihbischof Dr. Reinhard Hauke musikalisch.
Feierlicher Einzug in St. Martin beim Abschlussgottesdienst
Hauptzelebrant am Samstag war der Tepler Abt Filip Zdeněk Lobkowicz.
Chor und Orchester des "Rohrer Sommers" gestalteten die Sonntagsmesse.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der deutsch-tschechischen Jugendbegegnung trugen im Freitagsgottesdienst ihre Fürbitten vor.
Eröffnungsvesper mit den Geistlichen Beiräten Msgr. Dieter Olbrich und Msgr. Adolf Pintíř.
Kinder von "Plasto Fantasto" bringen am Sonntag eine Collage zum Altar.
Zur Aussendung erhalten Vertreter der AG und SAG bei der Eröffnungsvesper Bibelverse.
Msgr. Dieter Olbrich begrüßte am Samstag Abt Filip Zdeněk Lobkowicz aus Tepl/Teplá.