Constanze Müller (Red.): 25 Jahre Freiheit. Regionen schreiben Geschichte. Niederbayern - Oberösterreich - Südböhmen, COM Verlag Fürstenzell 2015, 120 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-933815-43-9, € 27,00.
Weltgeschichte in der Region
Wenn Constanze Müller als Inhaberin einer Verlags- und Marketingagentur selbst als Autorin über den Fall des Eisernen Vorhangs und die folgenden 25 Jahre Freiheit schreibt, so haben diese Ereignisse bei ihr tiefe Eindrücke und Spuren hinterlassen. Mit dem Titel „25 Jahre Freiheit. Regionen schreiben Weltgeschichte. Niederbayern-Oberösterreich-Südböhmen“ weiß sie nur zu gut, dass Geschichte, Gegenwart und Zukunft untrennbar miteinander verbunden sind.
Der Autorin ist es gelungen, ein lebendiges Geschichtsbuch zu schreiben, dessen Texte und Bilder den Leser fesseln. Eigene Texte und Gastbeiträge fließen ineinander, das macht das Werk authentisch.
Eindrucksvoll erlebt der Leser, wie menschliche, sprachliche, kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen, die sich über Jahrhunderte entwickelt haben, von einem auf den anderen Tag gekappt werden; dann findet er sich mittendrin im Geschehen und erlebt textlich wie bildlich, welch weltgeschichtlich bedeutendes Ereignis der Fall des Eisernen Vorhanges war.
Es kommen Zeitzeugen zu Wort, von der Bäuerin am Grenzbach über Kommunalpolitiker bis hin zum Grenzgendarmen, die die Zeit vor und nach dem Eiserenen Vorhang hautnah erlebten; die mitansehen mussten, wie der Grenzzaun errichtet wurde, Menschen und das Land trennte und die Distanz zwischen Ost und West, von der Ostsee bis zur Adria, immer größer wurde. Die Vertreibung der Sudetendeutschen, die Benes-Dekrete und letztlich die Annullierung des Münchner Abkommens sind gut positioniert.
Umfangreichen Raum nimmt die Flüchtlingswelle der DDR-Bürger über Ungarn, Österreich nach Bayern ein. Das ist vertretbar, denn der 19. August 1989 war der Schlüssel zur Öffnung und letztlich zum Fall des Eisernen Vorhanges.
Emotional berührt wird der Leser von den Berichten und Bilddokumenten, wie die Menschen auf beiden Seiten zueinander gefunden haben und was in den folgenden 25 Jahren gemeinsam auf sozialem, wirtschaftlichem, sportlichem, kulturellem und ökologischem Gebiet geschaffen wurde. Das Erreichte gilt es zu erhalten und weiter auszubauen.
Im Editorial schreibt die Autorin, dass es zum Glück viele Bürger gibt, die an der Geschichte weiterschreiben werden, da nimmt sie sich und uns alle in die Verantwortung. Das nächste Kapitel wird schwieriger werden. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Der Euphorie folgt schnell der Alltag; diese Mahnung dürfte ruhig etwas ausführlicher dem Leser ins Stammbuch geschrieben werden. Politische Stabilität und Einigkeit in Europa sind noch lange nicht erreicht. Flüchtlingskrise, Eurokrise und politische Veränderungen in den Europäischen Ländern können das Blatt schnell wenden. Es wird also wieder auf die Bürger ankommen. Dass die Bürger gemeinsam hüben wie drüben die Welt bewegen können, dokumentiert das Werk auf 110 Seiten eindrucksvoll. Der jungen Generation macht das Werk europäische Geschichte, die Niederbayern, Oberösterreich und Südböhmen geschrieben haben, leicht verständlich und mahnt zugleich; den Älteren mag es ein „Denkzettel“ sein, das Vergangene nicht zu vergessen.
Nur wer seine Vergangenheit kennt, wird die Zukunft mitbestimmen und gestalten können!
Georg Riedl Bürgermeister a.D.