Einen Moment bitte! Oder zwei? Begegnungen über die bayerisch-böhmische Grenze. Mit Texten und Fotografien von Johannes M. Haslinger, Herbert Pöhnl und Bernhard Setzwein, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2016, 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-7917-2798-1, 22,00 €.
Goldstücke im Vorbeigehen
Das Buch (fast eher ein Bildband) nimmt uns mit auf Reisen und zeigt uns geradezu im Vorbeigehen kleine Goldstücke aber auch Strass am Wegesrand. Auf dem Weg begegnen uns viele bekannte (u.a. Dr. Peter Becher, Antikomplex, Gutwasser/Dobrá Voda und der heilige Gunther) aber auch unbekannte Persönlichkeiten und Geschichten. So zum Beispiel treffen wir die japanische Prinzessin Mitsuko, die Ende des 19. Jahrhunderts ins Schloss in Ronsperg/Poběžovice einzog und so das kleine Örtchen ordentlich auf den Kopf stellte. Oder wir begegnen Helmuth Roith, der im „Nirgendwo“ des deutsch-tschechischen Grenzgebiets in staubiger Arbeitshose mit einer Schaufel in der Hand einen verschwundenen deutschen Ort ausgräbt.
Herzstück des Bandes ist aber gewiss das Kapitel „Der Poetry Slammer aus Mähren und zwei 16-Jährige auf der Flucht“ mit seinen drei besonderen, europäischen Lebensgeschichten. Kein Vergleich wird hier angelegt, jede Geschichte kommt für sich zur Geltung, nur als Maßstab sind die Jahreszahlen angelegt. Franz Bauer, mit 16 Jahren vertrieben, begegnet uns im Hotel Hubertus, mit dem er emotionale Jugenderlebnisse genauso wie den Beginn seiner Vertreibung verbindet. Jaromir Konečny, Schriftsteller und Poetry Slammer, erzählt, wie sein Leben in der kommunistischen Tschechoslowakei unerträglich wurde und er sich zur Flucht entschloss. Und Morteza Qaderi, mit 16 Jahren vor den Taliban aus seiner Heimat Afghanistan geflohen, ist in Linz angekommen und will dieses neue Leben mit großer Willenskraft nutzen und gestalten.
Ein schönes Werk, das viele Begegnungen mit Brückenbauern und deutsch-tschechischem Leben beinhaltet.
Sandra Uhlich