Herma Kennel: Als die Comics laufen lernten

Herma Kennel stellt eine Person vor, die extravagant, sympathisch, hoch begabt, auch geheimnisvoll war: Wolfgang Kaskeline, ein Trickfilmpionier.

Die Familie Kaskeline stammt aus der Kleinstadt Teplitz/Teplice, auch wenn Wolfgang 1892 in Frankfurt am Main geboren wurde. Er studierte Gebrauchsgrafik. Im Ersten Weltkrieg wurde er schwer verletzt. Strebsam verfolgte er dennoch seine Idee, Trickfilme zu zeichnen. In Deutschland waren gerade die Filme von Walt Disney bekannt geworden. Seine Firma „Kaskeline-Film GmbH“ erhielt von großen Firmen Aufträge für Werbefilme. Sein erster Trickfilm hieß „Erlebnisse eines Detektivs“. Er erhielt eine Anstellung bei der Ufa, 1926 wurde er Chefzeichner, er gilt als künstlerisch begabt, phantasievoll, voller neuer Ideen, bringt Werbefilme in Farbe heraus.

Herma Kennel: Als die Comics laufen lernten. Der Trickfilmpionier Wolfgang Kaskeline zwischen Werbekunst und Propaganda, be.bra Verlag Berlin 2020, 240 Seiten, zahlreiche Abb., ISBN 978-3-89809-173-2, € 24,00.
 

Ein Künstler in schweren Zeiten

Herma Kennel stellt eine Person vor, die extravagant, sympathisch, hoch begabt, auch geheimnisvoll war: Wolfgang Kaskeline, ein Trickfilmpionier.

Die Familie Kaskeline stammt aus der Kleinstadt Teplitz/Teplice, auch wenn Wolfgang 1892 in Frankfurt am Main geboren wurde. Er studierte Gebrauchsgrafik. Im Ersten Weltkrieg wurde er schwer verletzt. Strebsam verfolgte er dennoch seine Idee, Trickfilme zu zeichnen. In Deutschland waren gerade die Filme von Walt Disney bekannt geworden. Seine Firma „Kaskeline-Film GmbH“ erhielt von großen Firmen Aufträge für Werbefilme. Sein erster Trickfilm hieß „Erlebnisse eines Detektivs“. Er erhielt eine Anstellung bei der Ufa, 1926 wurde er Chefzeichner, er gilt als künstlerisch begabt, phantasievoll, voller neuer Ideen, bringt Werbefilme in Farbe heraus.

Die NSDAP gewinnt an Einfluss. Die Ufa profiliert sich in rasendem Fortschritt mit Tonfilmen, Kaskelines Werbefilme sind gefragter denn je. Er wird zum Star der Werbefilmabteilung. Doch bei seiner Arbeit wird er als „Halbjude“ gewaltig behindert. Von 1933 bis 1945 hat er ununterbrochen gegen das bedrohende Verdikt „Halbjude“ zu kämpfen. Es drohen Berufsverbote, es gab Ausnahmegenehmigungen. Kaskeline führte einen zermürbenden Lebenskampf. Der Arierausweis war wichtiger als jede schöpferische Arbeit. Seine Frau Mina kam auf eine abenteuerliche Idee, die zu einer Zitterpartie wurde: Sie bat den in Teplitz residierenden Fürsten von Clary und Aldringen um eine Bescheinigung, dass Wolfgangs Vater Viktor Kaskeline ein unehelicher Spross des Fürstengeschlechtes Clary und Aldringen sei. Der Fürst bestätigte dies über einen Notar. Bei der Regierung in Berlin gab es Zweifel an der Glaubwürdigkeit. Kaskeline musste sich einer demütigenden rassenkundlichen Untersuchung unterwerfen. Das Resultat: „Vierteljude“. So konnte er künstlerisch weiterarbeiten, das Dritte Reich überleben. Wie verbrecherisch dumm Hitler war, zeigt nicht zuletzt der Umgang mit jüdischen Künstlern wie Wolfgang Kaskeline.

Er konnte nach 1945 eine neue Karriere beginnen. Am 13. März 1973 stirbt Wolfgang Kaskeline, wird in Bad Godesberg bestattet. Wieder hat uns Herma Kennel ein sehr informatives, gut lesbares, einfühlsames, spannendes Buch geschenkt.
 

Gerold Schmiedbach/ag