Jan Galandauer: Franz Fürst Thun

Eine beeindruckende Lebensgeschichte aus der Zeit der Auseinandersetzung der böhmisch-österreichischen Reichsidee mit dem Aufkommen des deutschen und tschechischen Nationalismus in den böhmischen Ländern.

Jan Galandauer: Franz Fürst Thun. Statthalter des Königreiches Böhmen. Böhlau Verlag Wien 2014, 382 Seiten, zahlr. Abb, ISBN 978-3-205-78820-1, € 45,00.

 

Eine beeindruckende Lebensgeschichte aus der Zeit der Auseinandersetzung der böhmisch-österreichischen Reichsidee mit dem Aufkommen des deutschen und tschechischen Nationalismus in den böhmischen Ländern beschreibt der tschechische Historiker Jan Galandauer in seinem Buch über Franz Thun. Der 1847 geborene böhmische Adelige war von 1889 bis 1896 und von 1911 bis 1915 Statthalter von Böhmen, und von 1898 bis 1899 Ministerpräsident von Cisleithanien (Österreich).

Als überzeugter Christ, Österreicher und Monarchist war das politische Wirken Thuns auf Ausgleich und konstruktives Zusammenwirken der beiden böhmischen Nationen ausgerichtet. Als ehrlicher Makler versuchte Thun beharrlich, beiden Seiten gerecht zu werden, scheiterte aber immer wieder an kompromisslos vertretenen Maximalforderungen von tschechischer oder deutscher Seite.

Galandauer hat mit großer Akribie auch den umfangreichen privaten Nachlass Thuns durchgearbeitet, der im Archiv seines Stammschlosses in Tetschen/Dečin lagert. Hunderte von Briefen insbesondere an seine Ehefrau Anna, sowie die Korrespondenz und das Tagebuch seines jüngeren Bruders und Erben Jaroslav Thun öffnen den Blick auf Franz Thun als eine ungemein pflichtbewusste, prinzipientreue und idealistische Persönlichkeit.

Während Franz Thun in seiner ersten Amtszeit als böhmischer Statthalter vor allem von den Jungtschechen erbittert bekämpft wurde, waren es nach 1897 deutsche Politiker und Presseorgane, von denen er zunehmend angefeindet wurde und die jeden Ansatz eines Ausgleichs unmöglich machten.

Christoph Lippert