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Jan Larisch: Vinzenz Brauner. Pfarrer und Bürgermeister der Stadt Zuckmantel in deutsch-tschechischer Umbruchszeit.

Mit dem Blick auf das Leben von Vinzenz Brauner eröffnet sich auch der Blick auf die Geschichte einer keineswegs leichten Zeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Altvatergebiet, „… in eine Zeit, die von gesellschaftlichen Veränderungen betroffen war, von zwei Weltkriegen, Arbeitslosigkeit, Nationalitätenproblemen, politischen Einflüssen und schließlich vom NS-Totalitarismus“.

Jan Larisch: Vinzenz Brauner. Pfarrer und Bürgermeister der Stadt Zuckmantel in deutsch-tschechischer Umbruchszeit, Lit-Verlag, 146 Seiten, Münster 2021, ISBN 978-3-643-14912-1, € 19,90.

 

Pater Dr. Jan Larisch, vielen in der Ackermann-Gemeinde bekannt als ehemaliger Lehrer am Bischöflichen Gymnasium in Mährisch Ostrau/Ostrava, heute Präsident der Caritas Ostrau-Troppau/Ostrava-Opava, hat es sich zur Aufgabe gemacht, in der Reihe „Persönlichkeiten der Diözese Ostrau-Troppau“ Biographien bedeutender katholischer Seelsorger aus der nordmährisch-schlesischen Landschaft herauszugeben. Deren Wirken soll nicht nur ins Bewusstsein von Heimatvertriebenen, sondern auch in das von tschechischen Landsleuten zurückgeholt werden. Aus der langen Reihe der Publikationen konnte als erstes das fünfte Heft auch in deutscher Sprache herausgegeben werden, mit Unterstützung durch das Sozialwerk. Es ging um das Leben und Wirken von Josef Schinzel, dem letzten deutschen Weihbischof von Olmütz/Olomouc.

Die aktuellste Biographie (auch in deutscher Sprache) – ebenfalls gefördert durch das Sozialwerk – widmet sich dem Schicksal des sudetendeutschen Priesters Vinzenz Brauner (1877-1943) aus Zuckmantel/Zlaté Hory. Blickt man auf sein Leben, so eröffnet sich auch der Blick auf die Geschichte einer keineswegs leichten Zeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Altvatergebiet, „… in eine Zeit, die von gesellschaftlichen Veränderungen betroffen war, von zwei Weltkriegen, Arbeitslosigkeit, Nationalitätenproblemen, politischen Einflüssen und schließlich vom NS-Totalitarismus“, wie es im Vorwort heißt.

Einen Großteil seines Priesterlebens verbrachte Vinzenz Brauner von 1909 bis 1941 als Pfarrer von Zuckmantel. Sein Wirken beschränkte sich nicht nur auf die Seelsorge. Er gab ein Gebet- und Gesangbuch heraus, erteilte Religionsunterricht, förderte soziale Gesundheitsdienste, bemühte sich um den Erhalt von Sakralbauten, widmete sich der Sozialarbeit und den

vielen schon vor seiner Zeit gegründeten kirchlichen Vereinen. Der bedeutende Aufschwung der Wallfahrtsbewegung um Mariahilf gehört zu Brauners besonderen Verdiensten.

Sein Engagement galt aber auch der Politik. Als Bürgermeister von Zuckmantel  in den Jahren von 1927 bis 1938 geriet er, der stets „vor der demagogischen Deformation christlicher Werteordnung der Gesellschaft durch das nazistische Neuheidentum“ warnte, unter Beobachtung der Staatspolizei. Der Kirchenverfolgung und Auflösung christlicher Vereine musste er schmerzvoll zusehen. Die Kontrolle seiner Seelsorgetätigkeit führte schließlich 1941 zu seiner Verhaftung. Fünf Wochen später musste er nach seiner Entlassung den Sudetengau und die Provinz Schlesien verlassen, fand Zuflucht in Breslau, später in der Niederlausitz. Stets beobachtet verhielt er sich NS-konform und durfte 1942 in die Seelsorge im seinerzeitigen deutschen Sommerfeld (poln. Lubsko) zurückkehren, wo er 1943 im Alter von 66 Jahren an einer Lungenentzündung starb. Die zuständigen Behörden erlaubten die Überführung seiner sterblichen Überreste nach Zuckmantel, womit sein letzter Wunsch, in seiner Pfarrei bestattet zu werden, erfüllt wurde. Die vertriebenen Einwohner Zuckmantels halten mit ihrer Zeitschrift Zuckmantler Heimatbrief „die Erinnerungskontinuität einschließlich der Erinnerung an Vinzenz Brauner aufrecht“.

Gabi Traurig