Jaroslav Macek, Das Bistum Leitmeritz. Die Bischöfe und das Schicksal der Leitmeritzer Diözese 1655-2005, übers. von Jana Niedermaier, Sudetendeutsches Institut München 2013, 252 S., ISBN 978-3-933161-09-3, € 22,00
Bischöfliche Lebenswege
Im Jahr 2013 legte der Vorsitzende des Sudetendeutschen Instituts e.V., Dr. Raimund Paleczek, im Rahmen der Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur der Sudetendeutschen die deutsche Ausgabe dieses Werkes vor.
Ich habe dieses Buch mit großem Interesse und Begeisterung gelesen. Die Biographien der Bischöfe sind anschaulich und teilweise sehr spannend erzählt. Die 19 Oberhirten der Leitmeritzer Diözese waren durchwegs starke Persönlichkeiten und beanspruchten – jeder auf seine Weise – eine herausragende Position im kirchlichen und kulturellen Leben Böhmens.
Sehr spannend sind die Lebensbilder der beiden letzten deutschen Bischöfe Josef Gross und Anton Weber. Gross, 1910 noch von Kaiser Franz Joseph I. ernannt und stark in der altösterreichischen Tradition verwurzelt, leitete die Diözese durch die hektische Zeit des I. Weltkrieges und durch die schwierige Zeit der Entstehung der tschechoslowakischen Republik der 1920er Jahre.
Weber, 1931 von der tschechoslowakischen Republik zum Bischof von Leitmeritz ernannt, führte die Diözese durch die Unebenheiten der Nationalitätenfrage (Konrad Henlein) und die schreckliche Zeit der deutschen Besatzung und des II. Weltkrieges. Sein tragisches Ende, die Vertreibung der deutschen Bevölkerung zu erleben, seine Krankheit und sein Sterben 1948, werden anschaulich berichtet.
Jedem empfehle ich, die Lebensgeschichte von Stephan Kardinal Trochta aus dem Orden der Salesianer Don Boscos zu lesen. Hier wird uns ein heiligmäßiger Bischof und Priester vorgestellt - Opfer zweier totalitärer Ideologien: Die Gestapo transportierte Pater Trochta 1942 nach Theresienstadt und Mauthausen. 1953 wurde der inzwischen zum Bischof ernannte Trochta zu 25 Jahre Haft ohne Bewährung verurteilt. 1960 wurde Trochta aufgrund einer allgemeinen Amnestie aus der Haft entlassen – unter der Vorgabe, sein Bischofsamt nicht auszuüben. Stephan Trochta, bereits 1969 in pectore zum Kardinal erhoben, hat wahrlich ein Märtyrerschicksal. In seinem Leben projiziert sich das Schicksal der Tschechoslowakei, ihrer beiden Völker und der Kirche. Die furchtbare Bilanz seines Lebens (1905-1974) darf nicht in Vergessenheit geraten.
Nach 15 Jahren Sedisvakanz erhielt in Josef Koukl Leitmeritz wieder einen Bischof. Unter seinem Pontifikat wurde die Versöhnung von Tschechen und Deutschen gefördert (sehr erfreulich: Hier werden auch die Verdienste der Ackermann-Gemeinde in diesem Versöhnungsprozess gewürdigt).
2005 erhielt Koukl für seine Verdienste um die Verständigung zwischen Deutschen und Tschechen den Europäischen Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft.
Nach der letzten Biographie des Bischofs Pavel Posád folgen noch die Lebensberichte von Bischöfen, die aus der Diözese Leitmeritz stammten, darunter auch des Gründers der „Königsteiner Anstalten“, Adolf Kindermann (1899-1974).
Rundum ein sehr lesenswertes Buch für alle, die sich für die Geschichte der Leitmeritzer Diözese interessieren und einen guten Einblick in die letzten 350 Jahre böhmischer Kirchengeschichte erhalten wollen. Kein Buch nur für Historiker, sondern für alle, die an diesem Thema interessiert sind.
Msgr. Dieter Olbrich