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Joachim Heise (Hrsg.): Staat und Kirche nach der "Wende"

Rückblick und Bilanz 30 Jahre nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Tschechien, Ungarn, Russland und Ostdeutschland.

 

Joachim Heise (Hg.): Staat und Kirche nach der „Wende“. Rückblick und Bilanz 30 Jahre nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Tschechien, Ungarn, Russland und Ostdeutschland, Berliner Institut für vergleichende Staat-Kirche-Forschung Berlin 2020, 206 Seiten, ISBN 978-3-931232-39-9, € 10,00.

 

Viel wurde und wird geschrieben über „kommunistische Kirchenpolitik“, doch vergleichsweise wenig von ausgewiesenen Kennern. Das außerhalb der „Fachwelt“ wenig bekannte, 1993 mit besonderem Blick auf die ehemalige DDR ausgerichtete Berliner „Institut für vergleichende Staat-Kirche-Forschung“ hat einen Rück- und Überblick veröffentlicht. Er reicht von der DDR über Ungarn, die ČSSR bis in die UdSSR bzw. Russland und vereinigt Beiträge von international bekannten Wissenschaftlern bis zu ehemaligen Mitarbeitern innerhalb der seinerzeitigen Systeme. Entsprechend der Ausrichtung des Instituts liegt der Schwerpunkt auf den verschiedenen evangelischen Kirchen, doch überwiegen drei größere Beiträge zur Entwicklung von der seinerzeitigen ČSSR bis zur heutigen Tschechischen Republik von Dr. Jaroslav Šebek. Drei Beiträge stellen kurz die Verhältnisse in Ungarn, Russland und der DDR dar.

Gerade die Ausführungen Šebeks sind für Interessierte eine gute Grundlage zur allgemeinen Orientierung und Urteilsbildung in Bezug auf die wirklich komplexe Lage von Katholischer Kirche und evangelischen Bekenntnissen in der postsowjetischen Zeit der Böhmischen Länder. Besonders deutlich werden die kritischen Anmerkungen zur ambivalenten Haltung der seit 1990 hierarchisch wieder umfassend organisierten Katholischen Kirche in diesem überwiegend „religionsfreien“ Land. So stellt Šebek folgendes fest: „Der katholischen Kirche ist es oftmals nicht gelungen, einen Weg und eine Sprache zu finden, die breite Kreise der Bevölkerung in einer geistlich armen bzw. gleichgültigen Zeit anspricht. Oft zeigt sie nicht einmal ein menschenfreundliches Gesicht. (…) Auch die kirchlichen Milieus sind von dieser Spaltung (Anm. O.P.: dem Populismus der Politik und kirchlicher Haltung) betroffen“. (S. 96, 100). Dies sieht auch Professor Tomáš Halík so (Anm. 54).

Eine durchaus lohnende Lektüre im Zeichen grundlegenden Wandels religiöser Wertvorstellungen.

Dr. Otfrid Pustejovsky