Lenka Ovčáčková: Tiefe Kontraste / Hluboké kontrasty, Dokumentarfilm deutsch/tschechisch, 79 Min., ROGEON-Verlag München, ISBN 978-3-94318-626-0, € 10,00.
Schöner, rauer Böhmerwald
„Eine sehr schöne, aber auch eine sehr raue Landschaft“, so charakterisiert ein Philosoph zu Beginn des Films den Böhmerwald und nimmt damit die Ausrichtung des Films vorweg: „Es gibt hier einfach tiefe Kontraste – viel Licht und auch viel Schatten.“ Dies ist auch in den Schicksalen des Böhmerwalds eingeschrieben, um die es Ovčáčková vor allem geht. Poetische, philosophische Beobachtungen auf der einen und auf der anderen Seite sachliches, historisch fundiertes Wissen der interviewten tschechischen und deutschen Persönlichkeiten, sinnvoll unterbrochen durch passende Zitate aus der schönen Literatur (Stifter, Urzidil, Klostermann, Josef Váchal), untermalt mit sanfter Musik von Bach, Vivaldi u.a., machen den Film zu einem Kunstwerk, das weit über das bloße Dokumentarische hinausreicht; es ist ein Film, den man genussvoll ob der Form und interessiert ob des Inhalts verfolgt.
Ovčáčková ist es gelungen, höchst interessante Persönlichkeiten als Zeugen für ihren Film zu gewinnen. Alte Fotos kommen zum Vorschein und dokumentieren fast schmerzlich die willentlich zerstörte, untergegangene Welt der deutschsprachigen Böhmerwälder Dörfer. Man bekommt einen Eindruck davon, wie der Riss durch die national aufgehetzte Gesellschaft ging – entweder Deutsch oder Tschechisch, und doch: beides unzulänglich. Denn – wie Bolzano schrieb – man ist ein Böhme. Egal ob deutscher oder tschechischer Zunge.
Der Ausblick lässt Hoffnung zu: Es kommen Menschen, die sich bewusst dafür entscheiden, ein einfaches Leben im Böhmerwald zu führen. Sie füllen die Landschaft wieder mit Leben – anders wie einst und doch: Sie geben der Landschaft wieder eine Seele.
Dr. Kateřina Kovačková