Súď ma a skúšaj (Erforsche und prüfe mich). Slowakischer Dokumentarfilm mit deutschen, englischen, italienischen und französischen Untertiteln, ah production s.r.o., 2013, DVD, 72 Min. Erhältlich für 5,00 € (zzgl. Versand) über die Ackermann-Gemeinde.
Erinnern, heilen, versöhnen
In keinem Land Osteuropas hat das kommunistische Regime sich getraut, so konsequent die kirchlichen Strukturen zu zerstören wie 1950 in der Tschechoslowakei. In groß angelegten Nacht- und Nebelaktionen wurden zunächst in der „Aktion K“ (K wie kláštery = Klöster) alle männlichen Klöster und in der „Aktion R“ (R wie řeholnice = Ordensschwestern) alle weiblichen Klöster beschlagnahmt und Patres und Schwestern gezwungen, in Staatsbetrieben zu arbeiten.
Die mehrfach ausgezeichnete Dokumentaristin und Filmemacherin Sr. Iva Kušiková hat im Auftrag der Slowakischen Ordensoberinnen einen bemerkenswerten Film über das dunkelste Kapitel der katholischen Kirche in der damaligen Tschechoslowakei geschaffen. Kušiková nutzte dabei die Gelegenheit, noch lebende hochbetagte Schwestern die Ereignisse erzählen zu lassen und bettet Schilderungen, Ortsbegehungen und Reflexionen in die Rahmengeschichte einer jungen Psychologin, die sich heute wieder frei und selbstbewusst für das Ordensleben entscheiden konnte.
Die Lebensgeschichten von einigen Ordensschwestern, vorher meist Lehrerinnen an kirchlichen Schulen oder Krankenschwestern, werden in dem Film genauer vorgestellt und der Betrachter schaut in Gesichter von teilweise immer noch gerührten Frauen, die trotz aller Repressionen den Orden nicht verlassen haben. Wir erfahren in den Schilderungen detailliert, wie das Leben der Schwestern unter Aufsicht in den neuen Unterkünften und an den Arbeitsplätzen aussah. Und mutig, gestärkt durch die Gemeinschaft, haben sie sogar Widerstand geleistet, indem sie an kirchlichen Feiertagen die Arbeit verweigerten, den regelmäßigen Messbesuch erzwangen oder sich bei den politischen Zwangswahlen verweigerten.
Eine der Zeitzeuginnen, Sr. Stella Danková, in diesem Jahr mit 96 Jahren verstorben, hat bereits schon früher ihre Lebensgeschichte an die Öffentlichkeit getragen, weil die Ereignisse um die Auflösung der Klöster breiten Teilen der Bevölkerung immer noch unbekannt sind.
Der Film, untermalt von Psalmtexten, mit Einblendungen von Weinstöcken und meditativer Musik des zeitgenössischen Komponisten Vladimir Godar, ist wie ein Gebet. Für die Betroffenen sind besonders die Reflexionen und Begegnungen an Orten und mit Menschen aus der Vergangenheit heilend und versöhnend. Laut ihren Aussagen am Ende des Films haben sie vergeben, den bleibenden Schaden hat aber die Gesellschaft genommen, die der Religion und Gewissensbildung beraubt wurde. Für uns, die wir früher bei persönlichen Begegnungen mit Betroffenen ähnliche Lebensgeschichten erzählt bekamen, ist dieser Film auch ein Denkmal für alle, die nicht mehr Demokratie und Religionsfreiheit erleben durften.
Adriana Insel