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Ackermann 2016 - 70 Jahre Christ sein in Europa

Seit Mai 2013 stehen Martin Kastler (l.) als Bundesvorsitzender und Msgr. Dieter Olbrich als Geistlicher Beirat der Ackermann-Gemeinde vor. Die Hauptversammlung der Ackermann-Gemeinde gab ihnen in Nürnberg das Vertrauen. Für Kastler ist es nach 2010 die zweite Wahl. Msgr. Dieter Olbrich wurde als Nachfolger von Prof. Dr. Albert-Peter Rethmann erstmals in die Funktion als Geistlicher Bundesbeirat gewählt.

Nach seiner Wiederwahl formulierte Kastler unter dem Titel "Ackermann 2016 - 70 Jahre Christ sein in Europa" grundlegende Gedanken für die kommenden Jahre:

"Die katholische Ackermann-Gemeinde - seit Jahrzehnten ein Pionier des Dialogs", so hat vor einiger Zeit die Süddeutsche Zeitung über unseren Verband geschrieben. Schön, wenn unsere Arbeit auch von außerhalb so wahrgenommen wird. Immerhin - das wissen wir alle - ist es nicht immer einfach, sich heute als katholischer Verband zu behaupten und mit unserer zeitlos aktuellen Botschaft Menschen zu erreichen. Für uns in der Ackermann-Gemeinde ist das von besonderer Bedeutung: Weder unsere christliche Überzeugung noch unser Bestreben um Versöhnung haben seit unserer Gründung 1946 an Aktualität verloren - damals wie heute stehen wir dafür ein. Verändert aber haben sich die Wege, das gesellschaftliche und das politische Umfeld.

Standen zu Beginn noch Integration und Identitätsbewahrung im Mittelpunkt, so bildete später die Hilfe für die verfolgte Kirche in der kommunistischen Tschechoslowakei einen zentralen Schwerpunkt. 1989 war auch für uns ein Jahr der Wende. Neue Chancen für Dialog und Versöhnung haben sich aufgetan - und die Ackermann-Gemeinde hat sie sofort genutzt. All dies hat unsere Gemeinschaft und ihre Mission für Kirche und Gesellschaft gewandelt, ohne jedoch das vorher Geleistete minder zu schätzen oder gar zu verleugnen.

Als ich vor drei Jahren das Amt des Bundesvorsitzenden übernahm, stand mit mir erstmals jemand an der Spitze unseres Verbandes, der Krieg und Vertreibung nicht mehr am eigenen Leib erleben musste. Gemeinsam mit dem damaligen Geistlichen Beirat Prof. Dr. Albert-Peter Rethmann habe ich daher die Frage nach dem Selbstverständnis unserer Gemeinschaft aufgeworfen. Wir haben im Bundesvorstand, bei Regionalkonferenzen und bei Veranstaltungen in den Diözesen und Regionen sowie jüngst in Nürnberg mit Ihnen darüber diskutiert.

Im deutsch-tschechischen Dialog erleben wir heute eine neue Normalität. Aber lassen wir uns nicht täuschen: Auch dieser unaufgeregte "Alltag" entbindet uns nicht von unseren Aufgaben. Es ist nicht die Zeit, uns selbstzufrieden zurückzulehnen, einzuigeln oder das Verbandsleben auf gesellige Zusammenkünfte zu reduzieren. Im Gegenteil: Wenn die SZ vollkommen richtig feststellt, welche Pionierfunktion wir über Jahrzehnte hatten, dann will das auch heißen: Es ist unser Auftrag, in dieser Position zu bleiben.Pioniere gehen voran - und wer leiten will, braucht Orientierung. Sie haben mir bei der Hauptversammlung Mitte Mai in Nürnberg mit einem überwältigenden Ergebnis Ihr Vertrauen geschenkt - und dafür danke ich Ihnen! Im Caritas-Pirck­heimer-Haus habe ich meine Ziele skizziert: Unsere Ackermann-Gemeinde muss sich einem intensiven Leitbild-Pro­zess stellen, den wir in den letzten drei Jahren begonnen haben. Scheuen wir uns nicht davor, unser eigenes Tun als katholischer Verband zu hinterfragen sowie unsere Angebote in der Vielfalt der kirchlichen Verbände und innerhalb der Sudetendeutschen zu überprüfen. Ziel ist: Uns im Heute, mitten im Leben zu verorten.

Wir haben gefragt: Welche Aufgaben stellen sich uns heute als Christen in der mitteleuropäischen Nachbarschaft und im Zusammenwachsen Europas? Was wird es für uns bedeuten, wenn die Erlebnisgeneration nicht mehr unter uns ist? Wir waren uns einig, dass es für die Ackermann-Gemeinde bleibende Aufgaben gibt. Diese haben wir mit „deutsch-tschechisch-slowakische Nachbarschaft gestalten“ und „Christsein in Europa“ überschrieben.

Wir leben aus unserem Glauben heraus Versöhnung, wir treten ein für Europa - und wir mahnen dort, wo Menschen diskriminiert oder vertrieben werden. Ich lade uns alle ein, hier die richtigen Schritte zu gehen und anzupacken.

Wir können Menschen nur für unsere Idee begeistern, wenn wir selbst wissen, wofür wir stehen. Diese Standortbestimmung ist unabdingbar - wir brauchen sie heute, nicht irgendwann.

Wie für unsere Kirche insgesamt lohnt es sich auch für die Ackermann-Ge­meinde im Besonderen, die Fenster weit zu öffnen und nicht Stillstand und Bewahrertum zu konservieren. Gestalten wir im Dialog einen Verbandsentwicklungsprozess, mit dem wir in drei Jahren stolz und mutig unser 70-jähriges Bestehen feiern können. Mein persönliches Leitmotiv heißt daher: "Ackermann 2016 - Glauben leben, Leben gestalten und Christ sein in der Mitte Europas." Bleiben wir Pioniere unserer europäischen Zukunft.

Martin Kastler MdEP