Versöhnungsmedaille an Ehepaar Ullmann und Fürst Karel Schwarzenberg

Die Verleihung an Christa Ullmann, sie nahm die Auszeichnung auch für ihren im letzten Jahr verstorbenen Ehemann Adolf entgegen, fand im Rahmen einer Andacht in der Pfarrkirche „Kreuzerhöhung“ von Weseli an der Luznitz, der langjährigen Pfarrei des jetzigen Bischofs von Budweis, statt. Propst em. Monsignore Anton Otte wies in seiner Begrüßung auf das vielfältige Engagement Adolf Ullmanns hin – auch als Chorleiter und Sänger, weshalb die Ehrung in die Andacht eingebettet wurde, musikalisch umrahmt von Ullmanns Kindern und Schwiegerkindern.

In seiner Laudatio auf das Ehepaar Ullmann erwähnte der Ehrenvorsitzende der Ackermann-Gemeinde Dr. Walter Rzepka, dass der Bundesvorstand bereits vor zwei Jahren beschlossen habe, „Adolf Ullmann zusammen mit seiner Ehefrau Christa auf diese außergewöhnliche Weise zu ehren. Beide sollen gemeinsam ausgezeichnet werden, weil sie in unterschiedlichen Rollen, aber mit gleichem Engagement jenes Werk vollbracht haben, für das wir heute beiden danken wollen.“ Der Laudator ging auf das seit den 60er Jahren währende Engagement Adolf Ullmanns in der Ackermann-Gemeinde (Junge Aktion, Diözesanvorsitzender Würzburg, Bundesvorsitzender von 2004 bis 2010, Rohrer Sommer usw.) ein und erinnerte an die von Ullmann stets betonte „Volksdiplomatie“ in Form von Begegnungen und gemeinsamen Aktivitäten. „Es ging immer um ein aktives Miteinander, um Aufbau und Ausbau eines Netzwerks“, so Rzepka. Einen zentralen Aspekt bildete dabei die Musik – ob nun die kirchenmusikalische Kooperation mit der Pfarrei Mährisch Schönberg oder – ab 1981 – der „Rohrer Sommer“, in den die ganze Familie Ullmann eingebunden war und ist. „Ein zweites Geflecht in Ullmanns Netzwerk war der Aufbau von Kontakten unter Jugendlichen. Es gelang, einen intensiven Jugendaustausch zwischen der Jungen Aktion Würzburg und der Gruppe Rytmika Šumperk ins Leben zu rufen und auf diesem Wege viele persönliche Freundschaften wachsen zu lassen“, führte Rzepka aus und vergaß auch den Schüleraustausch zwischen Ullmanns Hauptschule Zellingen und der Schule im nordmährischen Velké Losiny (Groß Ullersdorf) sowie die Partnerschaft zwischen dem Landkreis Würzburg und dem Okres Šumperk nicht. Und natürlich sei, so der Ehrenvorsitzende, für Ullmann der gemeinsame christliche Glaube, das gemeinsame Beten wichtig gewesen – „die feierliche Liturgie ebenso wie die volkstümliche Wallfahrt“. In diesem Kontext nannte Rzepka den unentwegten Einsatz der Familie Ullmann für die Erneuerung des Pilgerortes Maria Stock, aber auch das Interesse an der Vergangenheit wie etwa an dem Widerstandskämpfer Roman Karl Scholz aus Mährisch Schönberg oder an seinem Geburtsort Neudeck. „Sie haben miteinander den selbst gestellten Anspruch erfüllt – unermüdlich, mit ungeheurem Energieeinsatz und ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit (…) Dafür sind wir Ihnen zutiefst dankbar“, schloss Rzepka seine Laudatio.

In ihren Dankesworten bekannte Christa Ullmann, „dass es eher seine als meine Sache war, vor einer großen Festgemeinde zu stehen und die richtigen Worte zu finden“. Und die neue Medaillenträgerin machte klar, dass es ihrem Gatten „stets um Menschen und die Frage (ging), wie es mit ihnen weitergeht“. Christa Ullmann meinte außerdem über ihren Ehemann, „dass er ein Grenzgänger in jeder Hinsicht war und ein echter Ackermann, der seine Begabungen und Ideen für die Ziele der AG eingesetzt hat, ohne auf seine Gesundheit zu achten; dass er sich manchmal sogar von der Klinik 'beurlauben' ließ, um wichtige Termine wahrzunehmen“. Aber auch für sie selbst sei es ein „Herzensanliegen und daher eine Selbstverständlichkeit (gewesen), meinen Mann in Sachen AG zu unterstützen. Er hatte eine begeisternde und mitreißende Art, obwohl mich seine unglaubliche Energie manchmal überfordert hat. (…) Mit der Ehrung sehe ich meine Mitarbeit bei der AG – so gut es meine Kräfte erlauben – nicht beendet“, versprach die Geehrte, zumal sich in vielen Begegnungen und Aktionen, die Adolf Ullmann angestoßen hat, sein Wirken fortsetzt. „All dies wäre ohne die Hilfe Gottes nicht möglich gewesen! Gott sei Dank für alles!, schloss Christa Ullmann ihre Dankesworte.

Bei der Andacht stand dann das Gebet für Europa sowie das Gebet der Vereinten Nationen im Mittelpunkt, den Segen erteilte Bischof Monsignore Dr. Vlastimil Kročil.

Bei der Feierstunde zum Abschluss des Bundestreffens erfolgte am Sonntagvormittag die Verleihung der „Versöhnungsmedaille der Ackermann-Gemeinde im Gedenken an Hans Schütz“ an den tschechischen Vizepremier a.D. Fürst Karel Schwarzenberg. Die Laudatio hielt der Bundesvorsitzende der Ackermann-Gemeinde MdEP a.D. Martin Kastler. „Seit Jahrzehnten begleiten Sie mit großem Interesse und viel Sympathie unseren Weg. Sie haben uns stets in unserem Einsatz für Versöhnung und zum Aufbau einer neuen Nachbarschaft in der Mitte Europas unterstützt. (…) Wenn wir Sie mit der Versöhnungsmedaille ehren, machen wir deutlich, wie sehr wir Ihren Einsatz schätzen und wie nah wir Sie als Kämpfer für Menschenrechte, Freiheit und Versöhnung, als praktizierenden Katholiken und als überzeugten Europäer an unserer Seite wissen“, führte Kastler aus. Er blickte auf das vielfältige Wirken Schwarzenbergs im westlichen Exil seit 1948: Unterstützung von Dissidenten, Präsident der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte, Sammeln der Werke des Samisdat, Gründung des Dokumentationszentrums zur Förderung der unabhängigen tschechoslowakischen Literatur. „Dieser Einsatz schuf eine wichtige Grundlage für die spätere Verständigungs- und Versöhnungsarbeit zwischen Deutschen und Tschechen. Das Wissen, im Westen Unterstützer zu haben, war für die Verfolgten in der kommunistischen Tschechoslowakei, seien es Intellektuelle, Christen oder Atheisten, eine große Kraftquelle“, verdeutlichte der Bundesvorsitzende. „Direkt während der Samtenen Revolution war Fürst Schwarzenberg als Mittler mitten im Prager Geschehen. Nicht immer sichtbar, dafür aber umso nachhaltiger, 1991 und 1992 sogar als Leiter der Präsidentenkanzlei von Václav Havel“, schilderte Kastler. In die aktive Politik sei der nun Geehrte im Jahr 2003 getreten und habe viele Ämter innegehabt: Senator, Außenminister, Abgeordneter, Parteivorsitzender, Vizepremier, Präsidentschaftskandidat. „Die hohen Funktionen und das große mediale Interesse an seiner Person haben ihn nicht von seiner Mittlerrolle und von seiner klaren Beurteilung der Geschichte abbringen lassen. Die Vertreibung der Deutschen aus diesem Land haben Sie, Fürst Schwarzenberg, stets verurteilt und die damit verbundenen Risiken sogar im Präsidentschaftswahlkampf in Kauf genommen. Mit großer Dankbarkeit haben wir Ihre Äußerungen vernommen. Sie haben so wichtige Diskussionen angeregt. Sie sind dadurch auch zum Sprachrohr, ja sogar zum Symbol eines Landes geworden, dessen Politiker und Bürger sich offen der eigenen Geschichte stellen und über den eigenen Tellerrand hinweg schauen“, zollte Kastler Anerkennung. Die Auszeichnung der Ackermann-Gemeinde gebe es vor allem aus dem Grund, „weil Sie über Jahrzehnte kontinuierlich an einer Versöhnung zwischen Deutschen und Tschechen gewirkt haben (…) Wie viele Menschen mit Wurzeln in den Böhmischen Ländern verkörpern Sie das Übernationale. Durch Ihr Reden und Handeln führen Sie uns vor Augen, dass wir die enge nationale Brille absetzen müssen, wenn wir unsere Nachbarschaft, Mitteleuropa und Europa gestalten wollen. Sie sind uns Vorbild als Europäer und mahnen uns, diese nationale Engstirnigkeit durch europäische Weite zu ersetzen und die gefährliche Enge des Denkens aufzugeben, die unsere Völker letztlich in die Katastrophen des 20. Jahrhunderts geführt hat. Sie haben unabhängig von Ihrer Position immer dazu beigetragen, dass der Mensch mit seinen unveräußerlichen Menschenrechten sowie die Wahrheit, mag sie noch so unangenehm sein, im Mittelpunkt stehen. Zwei zentrale Orientierungen, die Sie als wahrhaft christlichen Politiker auszeichnen. Zwei zentrale Orientierungen, die für Versöhnung unabdingbar sind.“

Markus Bauer

Die Medaille und Urkunde überreichte Bundesvorsitzender Kastler. Seine Erinnerungen an Hans Schütz während der Studiumsjahre in München schilderte Schwarzenberg in seinen Dankesworten. „Ich habe Einiges im Leben gemacht, weil mir die Dummheit und Beschränktheit manchmal auf die Nerven geht“, gab er als Grund für sein Engagement an. Er drückte der Ackermann-Gemeinde seinen Respekt dafür aus, angesichts des großen erlittenen Leides verzeihen zu können und Gutes zu tun – das erfordere eine wahrhafte christliche Einstellung. „Sie haben sich als die wirklichen Patrioten erwiesen – als Christen in Europa“, so Schwarzenberg. Und er nannte einige Defizite bzw. falsche Entwicklungen: fehlender Mut bei vielen Christen heute, kaum Bekenntnisse von Politikern zu ihrem Glauben, laizistische Tendenzen in der Europäischen Union, selten ein Bekenntnis der eigenen Meinung aus der eigenen Überzeugung (selbst in der Kirche). Auch warnte er vor den erneut auftretenden Populisten, deren Gefahren nicht unterschätzt werden sollen. „Es ist die Pflicht des Christen, den Verstand zu besitzen und diesen auch einzusetzen“, gab er als Empfehlung weiter. Etwas pessimistisch klang, auch angesichts der Ereignisse an den Rändern Europas, seine aktuelle Einschätzung. „Die seligen Jahre nach 1989, die Friedensepoche, sind vorbei. Wir müssen uns darauf gefasst machen, dass das Leben rauer wird!“ Dies untermauerte er unter anderem mit der Weltrangliste der Universitäten, wo westeuropäische Hochschulen fehlen. Außerdem sei Europa erstmals im Patentdefizit, d.h. neue Erfindungen kommen aus anderen Regionen der Welt. „Wir müssen unsere Verantwortung als Christen ernst nehmen – wenn nötig auch gegen Mehrheiten. Habt Courage!“ Mit diesen Worten endete nicht nur die Dankrede Fürst Schwarzenbergs, sondern quasi auch das Bundestreffen der Ackermann-Gemeinde und der Sdružení Ackermann-Gemeinde.

Markus Bauer