Hans Schütz: der Bürgermeister der Ackermann-Gemeinde
*14.02.1901, Hemmenhübel (Nordböhmen) - †24.01.1982, München
Die Tätigkeit von Hans Schütz in wenigen Zeilen zu würdigen, sein Wirken in der alten Heimat, in der Politik der entstehenden Bundesrepublik und in Bayern, in der von ihm mitbegründeten Ackermann-Gemeinde zu beschreiben, ist unmöglich.
Die Ackermann-Gemeinde hat nach seinem Tod 1982 in einem kleinen, aber dennoch eindrucksvollen Bändchen (Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde 32: Hans Schütz – Helfer und Wegweiser in schwerer Zeit) seiner gedacht (Hier auch genaue biographische Daten). Rudolf Ohlbaum beschreibt ihn darin als einen Menschen, „der vielen Wegbegleiter, Aufmunterer, Mahner, Tröster, Helfer gewesen ist und dem Millionen Deutsche, ohne es zu wissen, dafür Dank schulden, dass er aus seiner christlichen und sozialen Gesinnung heraus große deutsche Gesetzeswerke mitgestalten und durchsetzen half, die Unrecht beseitigt, rechtliche Gleichheit hergestellt und Schäden und Lasten gerechter verteilt haben.“
Er konnte unnachahmlich formulieren. Gewisse Sätze sind einem heute noch im Gedächtnis und sind überraschenderweise auch heute noch aktuell, wie z.B. „Früher war die Türkei der westlichste Pfeiler des Ostens. Wir haben die Türkei nicht getauft. Dennoch ist sie heute der östlichste Pfeiler des Westens“ oder allgemein gültiger „So, wie es einmal war, wird es nie wieder werden. Aber so, wie es jetzt ist, wird es nicht bleiben.“ Als er in Würzburg sein wohl letztes Referat vor der Ackermann-Gemeinde hielt, meinte eine Würzburger Zeitung – und der Autor war sich des Wortspiels durchaus bewusst –, viele Gedanken des Hans Schütz seien so modern, dass viele sie noch nicht nachvollziehen könnten.
Vieles von dem, was er gesagt und geschrieben hat, scheint in der Tat, wenn man es heute liest, von einer visionären Kraft, die überrascht, ist aber zugleich geprägt von einem Realismus, der betroffen macht. Ein Beispiel: 1981 schrieb er einen Artikel, „Ist die Sudetenfrage noch aktuell?“ Darin finden sich, lange vor der Wende, die Sätze. „Das Ziel der tschechischen Politik, richtig verstanden und auf den Willen zu ihrer Selbständigkeit bezogen, kann nicht mehr die Fortsetzung des Gespensterkampfes gegen den ‚sudetendeutschen Feind’ sein, sondern umgekehrt ein Hand-in-Hand-Gehen mit den Sudetendeutschen, um dadurch das Fundament eines neuen Verhältnisses zum deutschen Volk zu legen. Das freilich setzt von beiden Seiten sicherlich ein bisweilen schmerzliches Umdenken voraus. Ohne dieses Umdenken werden heute beide Seiten kaum einen Schritt weiterkommen.“
Hans Schütz war das Vorbild eines Politikers. Er verband die weite Sicht mit genauer Detailkenntnis, etwa beim Lastenausgleichsgesetz, und mit einem immensen Fleiß. Er konnte auf andere Menschen zugehen, wenn er glaubte, sie könnten zu Problemlösungen beitragen. Er war in Europa genauso zu Hause wie im Deutschen Bundestag oder in der Bayerischen Staatsregierung. Aber er war auch das Vorbild eines frommen, eines betenden Politikers. Wie ein Priester betete er regelmäßig Brevier.
Die Ackermann-Gemeinde verdankt Hans Schütz wohl mehr als ihr selbst bewusst ist: ihre Ausrichtung auf die Versöhnungsarbeit mit dem tschechischen Volk genauso, wie ihre feste Verwurzelung in der Kirche.
Biographische Übersicht
| Kindheit in Nixdorf, Tischlerlehre |
1920 | Lokalsekretär der Christlichen Gewerkschaften |
1920-1925 | Stellvertretender Bundesobmann des |
1922-1938 | Obmann des Gesamtverbandes der |
1935-1938 | Abgeordneter der "Deutschen Christlichsozialen Volkspartei" |
1941-1945 | Soldat (an der Ostfront) und kurze Zeit Kriegsgefangener |
1945-1949 | Mitarbeiter der "Kirchlichen Hilfsstelle" in München |
1946-1970 | Bundesvorsitzender der von ihm mitgegründeten |
1947-1973 | Präsidiumsmitglied der von ihm mitbegründeten |
1949-1962 | Mitglied des Deutschen Bundestages, dort |
1949 | Mitbegründer der Vertriebenen-Wochenzeitung "Volksbote" |
1950-1970 | Mitglied des Bundesvorstandes der |
1950-1962 | Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates |
1962-1964 | Staatssekretär im Ministerium für Arbeit und Soz. Fürsorge |
1964-1966 | Bayerischer Staatsminister für Arbeit und Soziale Fürsorge |
1966 | Eintritt in den Ruhestand |