Kateřina Kovačková: Figuren der ‚Anderen‘ in der deutschböhmischen Exilliteratur, Rogeon Verlag München 2015. ISBN 978-3-943186-14-7, 309 Seiten, € 15,99.
Deutschböhmische Exilliteratur
Kateřina Kovačkovás Arbeit ging aus einer Dissertation hervor, die im Juli 2013 an der Ludwig-Maximilians-Universität im Fach Neuere deutsche Literatur abgeschlossen wurde.
Ihre Textauswahl entnimmt Kovačková den jüngeren Autoren Josef Holub, Gerold Tietz und dem älteren Johannes Urzidil, sämtlich Vertreter einer „deutschböhmischen Exilliteratur“, die ihre Heimat entweder 1939 (Urzidil) oder 1945 verlassen mussten.
Mit dem Roman von Gerold Tietz „Böhmische Fuge“ (1997), Josef Holubs „Der rote Nepomuk“ (1993) und den Erzählungen von Johannes Urzidil „Ein letzter Dienst“ (1956) in dem Sammelband „Die verlorene Geliebte“ sowie „Letztes Läuten“ (1968) in der Sammlung „Bist Du es, Ronald“ ist es Kovačková gelungen, Texte auszuwählen, die sich der historisch-politischen Vergangenheit stellen, sie jedoch durch ihre hohe literarische Qualität in eine Dimension rücken, die nicht nur anklagt, sondern ein tieferes, zeitversetztes Verstehen erlaubt. Die „Anderen“ sind auf beiden Seiten vertreten: Tschechen und Sudetendeutsche im Gelingen und Scheitern des Dialogs bis 1945, seinem Erlöschen mit der Vertreibung und seiner intensivierten Wiederaufnahme nach 1989.
Wird der oder das Andere als Teil des Eigenen gesehen, entsteht eine außerordentlich lebendige, subjektive, „hinternationale“ (Urzidil) Literatur jenseits kollektiver nationaler Klischees, die nicht aufrechnet, sondern integriert.
Dr. Gerhard Trapp